Hollande

François Hollande hat wahrlich kein Glück. Nicht nur wegen der täglichen Hiobsbotschaften über Betriebsschliessungen. Oder wegen
der steigenden Arbeitslosenzahlen, der explodierender Defizite, des schwindenden Vertrauens bei Unternehmen und Verbrauchern. Auch mit dem Wetter hat er kein Glück, wahrlich nicht.

François Hollande hat heute vor einem Jahr in Frankreich die Präsidentschaftswahlen mit 51,6 % gegen Nicolas Sarkozy gewonnen. Nach 12 Monaten im Elysée ist die Bilanz des zweiten sozialistischen Präsidenten der 5. Republik allerdings alles andere als glorreich.

Seit Tagen demonstrieren sie unweit des Parlaments, legen sich mit der Polizei an und lassen sich zu Dutzenden verhaften. Konservative Abgeordnete wählen starke Worte und provozieren im Parlament eine Schlägerei. Währenddessen nehmen draussen die Gewaltakte gegen Homosexuelle zu.

Historisch hohe Arbeitslosigkeit, Verbrauchervertrauen und Kaufkraft im Keller, ein Untersuchungsverfahren gegen Ex-Präsident Sarkozy und eine politische Debatte, die aus dem Ruder läuft. Die extreme Rechte reibt sich die Hände und der Präsident wirkt hilflos – Frankreich hat eine schlimme Woche hinter sich.

Sieben Wochen sind Frankreichs Streitkräfte jetzt in Mali engagiert - immer noch so gut wie alleine. Die afrikanischen Truppen sind noch lange nicht vollzählig.

Zehn Tage lang - etwas mehr als 110 Stunden - hat die Parlamentsdebatte über das Gesetz zur Einführung der Homo-Ehe gedauert. An diesem Dienstag kommt es zur Abstimmung. Die eindeutige Siegerin nach Punkten bei dieser Marathondebatte steht aber jetzt schon fest: Justizministerin Christiane Taubira.

Vor 10 Tagen haben französische Truppen ihren problematischen Einsatz in Mali begonnen. Zunächst nur, um das Vordringen der islamistischen Rebellen nach Süden und auf die Hauptstadt Bamako zu stoppen. Nach einer guten Woche ist klar: das Abenteuer wird länger dauern und Frankreich steht immer noch ziemlich allein da.

Es war ein Wahlversprechen von Präsident Hollande. Laut Meinungsumfragen sind rund 60 % der Franzosen dafür - und doch: Die geplante Einführung der Homo-Ehe in Frankreich wird von Protesten begleitet mit Ausmassen, wie sie vor einem Jahr noch kaum jemand erwartet hätte.

Knapp acht Monate ist Frankreichs neuer Präsident nun im Amt – vom Wahlslogan „Le Changement maintenant“ ist kaum etwas zu spüren, das politische Alltagsgeschäft gestaltet sich ausgesprochen mühsam.

In Kälte und Feuchtigkeit besetzt eine Hundertschaft militanter Gegner weiter das Gelände des künftigen Grossflughafens „Notre Dame des Landes“ in der Nähe der westfranzösischen Stadt Nantes. Die sozialistische Regierung von Premierminister Ayrault zögert vor der endgültigen Räumung des Geländes.

Frankreichs Regierung und Präsident Hollande bekommen zusehends Probleme mit ökologisch und ökonomisch höchst fragwürdigen Grossprojekten. Es geht um die Fertigstellung des Atomreaktors ERP, den Bau eines internationalen Flughafens in Nantes und den geplanten Bahntunnel Lyon – Turin.

Absturz in den Meinungsumfragen, Unternehmer und Opposition auf Konfrontationskurs sowie reihenweise Pannen beim alltäglichen Regierungsgeschäft – Frankreichs Sozialisten haben es noch schwerer als erwartet.

Noch immer hat Frankreich mit der Bewältigung seiner Kolonialgeschichte zu kämpfen. Was den Algerienkrieg angeht, hat Präsident Hollande jetzt eine unerlässliche Geste der Besänftigung und Versöhnung gemacht.

Bankenhilfe soll kommen. Wann, wie, wofür? Egal. «Wir haben das Schlimmste hinter uns», sagt Frankreichs Präsident Hollande. Das Gegenteil ist richtig.

Dass die Franzosen stets klagen, ist nicht neu. Doch noch nie blickten sie so pessimistisch in die Zukunft wie heute - und dies kurz nach einer Präsidentschaftswahl. Das zeigt eine Reihe von Untersuchungen.

Ein historisches Sparbudget, Ärger bei der Ratifizierung des Fiskalpaktes, Hiobsbotschaften aus der Wirtschaft in Hülle und Fülle - es wird ungemütlich für den neuen französischen Präsidenten und seine sozialistische Regierung.

Der viertreichste Mann der Welt und Chef des Luxusgüterkonzerns LVMH und die sozialistische Regierung unter Präsident Hollande haben - jeder auf seine Art – dazu beigetragen, dass ein merkwürdiger Hauch von Klassenkampf durchs Land weht.

Eine Woche müssen sie noch durchhalten, die vom Wahlkampf ausgelaugten, von der Krise erschlagenen, frisch ins Wasser gesprungenen Minister und ihr Präsident.

Frankreichs Präsident Hollande hat die Reform des krisengeschüttelten französischen Schul- und Ausbildungswesens zur absoluten Priorität seiner 5-jährigen Amtszeit erklärt. Nun hat er dabei aber ein Problem: Kaum jemand will in Frankreich mehr Lehrer werden.