Mit Griechenland habe ich auch insofern viel zu tun, als ich dauernd von allen möglichen Leuten um meine Meinung gefragt werde, weil ich mich doch so gut auskennen würde. Tu ich natürlich nicht (mehr); was diese ganzen Finanzangelegenheiten angeht, kann ich wie die allermeisten Menschen (auch die Fachleute) ja nur sagen, dass ich keine Ahnung habe, was passiert, wenn... Dann äussere ich mich aber doch meistens zur griechischen Mentalität, und da kann man halt nicht viel Erfreuliches sagen.
Ich leite immer ein mit der Grundkonzession: natürlich ist diese ganze Austeritätspolitik Blödsinn, speziell in der Art und Weise, wie sie durchgeführt wurde (also seitens der Geldgeber bloss Bestehen darauf, dass der Schuldendienst besorgt wird). Natürlich ist auch klar, dass Schulden erlassen werden müssen. Aber ebenso evident ist, dass es keinerlei Sinn hat, Geld nach Griechenland zu pumpen, solange es keine einigermassen funktionierende Administration in diesem Land gibt.
Grundsätzlich hat sich gar nix geändert
Und wie, bitte sehr, wie soll die zustandekommen? Das Effektivste wäre, man würde eine kleine Armee von europäischen Fiskalexperten und Juristen runterschicken (es müssen ja keine Deutschen sein, ginge auch mit 500 Niederländern, Dänen, ja sogar Franzosen), die den Laden übernehmen und überhaupt erst aufbauen. Geht aus naheliegenden Gründen nicht. Es bräuchte eine griechische Regierung, die so etwas in Gang bringt, aber die einzige Partei, in der seriöse Leute sind, denen ich es zutrauen würde - To Potami - hat sechs Prozent bei der Wahl bekommen.
Syriza hat die Klientelpolitik aller Vorgängerregierungen fortgesetzt, grundsätzlich also gar nix geändert, sondern nur sehr viel heftiger auf der nationalen Klaviatur gespielt. Warum man in Deutschland immer noch die Mär hört, die seien wenigstens eine neue Kraft, ist mir unverständlich.
... und dasGewurstel geht weiter
Es heisst, Pasok sei untergegangen, wenn man aber genau hinschaut, sind die korrupten Pasok-Leute in Scharen zu Syriza übergelaufen, als klar wurde, dass die Pfründe nur so zu retten sind. Und die Spitzenleute von Syriza, angefangen von Tsipras selber über Lafatzanis bis hin zu dem dicken Kotsias, sind ehemalige KKE-Funktionäre, Sprösslinge also der stalinistischen Betonkopfpartei schlechthin. Es ist wieder mal zum Heulen. Vermutlich wird aber bald einmal Geld bewilligt, dann sind sie erstmal aus dem Gröbsten raus und das Gewurstel geht weiter.
Das Ganze regt mich in einem Mass auf, das bei mir persönlich wohl noch mit den Demütigungen zu tun hat, die ich damals in meinen ersten drei Monaten erlitten habe: jeden Tag auf irgendein Amt, wo einer dieser unfähigen schwitzenden Schurken sitzt und nur “ochi” sagt, weil er darauf wartet, dass ich endlich den Umschlag mit der Bestechungskohle rüberschiebe.
Das kann man phasenweise in der Rückschau für lustig halten, und so habe ich es auch oft erzählt, aber es ist natürlich im Grunde unendlich traurig. Man kann ja vieles historisch erklären - die Staatsfeindlichkeit aus dem alten Hass gegen die osmanischen Besatzer, die Neigung, Politik als ein einziges Fest der Wählerbestechung zu betreiben, aus dem Zwang, die Gräben aus dem Bürgerkrieg zuzudecken -, aber irgendwann kann ja auch ein so naives Volk in der Gegenwart ankommen.