Laut dem am Montag veröffentlichten provisorischen Schlussergebnis kommt die Meloni-Partei auf 26,1 Prozent der Stimmen. Zusammen mit ihren beiden rechtspopulistischen Koalitionspartnern «Lega» und «Forza Italia» erhält sie eine klare Mehrheit in beiden Kammern des italienischen Parlaments. Marine Le Pen und der ungarische Präsident Viktor Orbán gehören zu den ersten Gratulanten. Im Kreml heisst es: «Mehr konstruktive Kräfte mit Moskau sind willkommen.»
Auffallend ist das schlechte Abschneiden der «Lega» von Matteo Salvini. Er, dessen Partei vor zwei Jahren noch in Umfragen bei bis zu 35 Prozent lag, erzielte nun 8,8 Prozent der Stimmen. Das wird seine Position in der Dreierkoalition schwächen. Die «Lega» ist nun nur noch viertstärkste italienische Partei – nach den Fratelli, den Sozialdemokraten und den Cinque Stelle.
Für die Fünf Sterne ist das Ergebnis ernüchternd. Die Protestbewegung war vor vier Jahren mit über 32 Prozent klar als stärkste Formation aus den Wahlen hervorgegangen. Jetzt wurde sie halbiert, was Umfragen allerdings voraussagten.
Silvio Berlusconi und seine «Forza Italia», die einst staatstragende Partei, dümpelt bei 8,1 Prozent dahin. Sie hat jedoch trotzdem grossen Einfluss, da Meloni ohne Berlusconi nicht regieren kann.
- Fratelli d'Italia, rechtspopulistisch: 26,1%
- Partito Democratico, sozialdemokratisch: 19,1%
- Cinque Stelle, populistisch: 15,3%
- Lega, rechtspopulistisch: 8,8%
- Forza Italia, rechtspopulistisch: 8,1
- Azione/Italia viva, linksliberal: 7,8%
(Provisorisches Schlussergebnis)
Tiefe Wahlbeteiligung
Obwohl bei dieser Wahl sehr viel auf dem Spiel stand, ist die Wahlbeteiligung überraschend tief: Sie beträgt 63,8 Prozent. Das sind fast 10 Prozent weniger als bei den Wahlen vor vier Jahren. Dies ist ein Allzeit-Tief. Vor allem im Süden blieben viele Wählerinnen und Wähler den Urnen fern.
Und jetzt?
Kommen jetzt turbulente, vielleicht sogar chaotische Zeiten auf das Land zu? Meloni ist zwar unangefochten die stärkste Figur in der rechtspopulistischen Koalition, doch sie kann nicht allein regieren. Sie ist auf Salvini und Berlusconi angewiesen. Wie lange hält diese Phalanx?
Wenn drei Kapitäne im Boot sitzen, geht die Fahrt wohl nicht geradeaus.
Die Sticheleien haben bereits begonnen. Salvini hat deutlich gemacht, dass er Meloni nicht allein regieren lässt. Auch bei der Regierungsbildung soll nichts ohne ihn gehen. «Ich habe die Regierungsmannschaft schon im Kopf», sagte er am Sonntag. Salvini leidet darunter, dass ihm Meloni das Wasser abgegraben hat. Seine rechtpopulistischen und teils rassistischen Anhänger und Anhängerinnen sind scharenweise zu Meloni abgewandert. Das Ergebnis vom Sonntag bestätigt dies.
Und auch Berlusconi, der am kommenden Donnerstag 86 Jahre alt wird, wird sich weiterhin in Szene setzen. Am Sonntag spottete er über Salvini. Der Lega-Chef müsse «ein wenig eingerahmt werden, er hat ja nie gearbeitet. Deshalb werde ich versuchen, die Regie in der neuen Regierung zu übernehmen.» Ob er Angst vor Meloni habe, wurde er am Sonntag von Journalisten gefragt: «Eh … un po’ ce l’abbiamo» (Ein wenig schon).
Salvini muss ums politische Überleben kämpfen
Salvini und Meloni haben sich zwar im Wahlkampf vor den Kameras umarmt, doch in Wirklichkeit sind sie keineswegs «ziemlich beste Freunde».
Der Lega-Chef muss nach dem schlechten Ergebnis von diesem Sonntag ums politische Überleben kämpfen. Er weiss: In einer Regierung Meloni kann er eigentlich nur verlieren. Um sein Profil nicht ganz zu verlieren, wird er mit Sicherheit Meloni immer wieder herausfordern, unter Druck setzen, ärgern und mit Ultimaten eindecken.
Zur Zusammenarbeit verurteilt
Da Salvini nicht Ministerpräsident wird, verlangt er, das wichtige Amt des Innenministers zu übernehmen. Bereits hat er angekündigt, er würde wieder die Häfen für ankommende Flüchtlinge sperren. Meloni zögert offenbar, ihn zum Innenminister zu machen und möchte ihn auf den zwar ehrenhaften, aber wenig einflussreichen Posten des Senatspräsidenten setzen.
Beobachter erwarten, dass Streitereien innerhalb der Troika schon bald ausbrechen könnten. Dennoch: die Drei sind zur Zusammenarbeit verurteilt.