Der stellvertretende US-Außenminister William J. Burns ist ein erfahrener Diplomat, der – unabhängig von der politischen Farbe – mehreren Chefs im State Department zur Seite gestanden und sie in politisch heiklen Missionen repräsentiert hat. Desto erstaunlicher ist sein nunmehr verlängerter Versuch in der ägyptischen Hauptstadt, den verfeindeten Parteien bei der Überwindung ihrer von Tod und Gewalt überschatteten Konfrontation zu helfen, die seit der Entmachtung von Mohamed Mursi am 3. Juli andauern.
Unhaltbarer Status quo?
Dass zur selben Zeit die republikanischen Senatoren John McCain, der eine militärische Intervention in Syrien gegen das Assad-Regime befürwortete, und Lindsey Graham Gespräche in Kairo führten, dürfte nichts daran ändern, dass sich alle Besucher übernehmen, sollten sie den Versuch einer Vermittlung ins Auge fassen.
Ein hochrangiger Berater der Übergangsregierung hat denn auch vor einem solchen Experiment nachdrücklich gewarnt – was Graham nicht daran gehindert hat, den neuen Herren am Nil ins Stammbuch zu schreiben, dass sie nicht gewählt worden seien, dass sie die Mandatsträger ins Gefängnis gesteckt hätten und der Status quo unhaltbar sei. Vor einem knappen Monat hatte Burns dem Interimspremier Al-Beblawi und dem Verteidigungsminister und starken Mann Abdel Fatah El-Sisi zugesagt, dass die USA dem Land kein Politikmodell aufzwingen wollten.
Die Gespräche mit Repräsentanten der Muslimbrüder und mit denen anderer Parteien und Gruppen ändert nichts daran, dass ausländische Einmischungen in ägyptische Angelegenheiten unerwünscht sind. Die Regierenden von gestern und heute sind zwar an den Rettungspaketen für das Militär und die Wirtschaft interessiert, ohne Abstriche an der von ihnen definierten nationalen Eigenverantwortung hinnehmen zu wollen.
"Islam der Flüsse" gegen "Islam der Wüste"
Das historische Gedächtnis braucht nicht lange zu suchen, um auf Hosni Mubarak zu stoßen, der Kritik an der Menschenrechtspraxis seines Regimes mit dem Hinweis kühl begegnete, doch wohl erfolgreich die strategischen Interessen des politischen Westens zu verteidigen.
Wie in anderen Teilen des Nahen und Mittleren Ostens wird Washington auch in Ägypten die Rote Karte gezeigt werden. Dass Saudi-Arabien und Katar mit riesigen Zuschüssen die Front gegen die Muslimbrüder stützen, ist auch ein politisches Misstrauensvotum gegen den engen Verbündeten jenseits des Atlantiks. Der Kampf zwischen dem toleranten Klima des „Islams der Flüsse” und dem fanatischen „Islam der Wüste”, den 1998 der Generalsekretär des Obersten Kulturrates Ägyptens, Jaber Asfour ausmachte, tritt in eine neue Phase.