Zur Wahl standen zwei grundsätzlich gegensätzliche Richtungen. Die Wählerinnen und Wähler sagten eindeutig, welchen Weg die Regierung einschlagen soll. Diese Stimme der Wähler muss nun gehört werden: im Inland und im Ausland.
Der erste, der endlich diese eindeutige Botschaft wahrnehmen soll, ist der mächtigste Mann im Land: Ayatollah Khamenei. Er muss einsehen, dass sein Favorit, der erzkonservative Ebrahim Raissi, die Wahl krachend verloren hat.
Raissi hatte alles, was man für einen Sieg bräuchte: Geld, Gewehre und einen Propaganda-Apparat. Er kontrolliert die „Razavi-Stiftung“, das grösste Wirtschaftskonglomerat im Nahen Osten. An seiner Seite standen die omnipotenten Revolutionsgarden und die mächtigen Basidjis, die Volksmilizen. Alle Freitagsprediger haben genauso für Raissi geworben wie das staatliche Radio und Fernsehen.
Doch Raissi verlor und mit ihm Khamenei. Er, der „Oberste Religionsführer“ wollte zurück zu den Wurzeln der islamischen Revolution und dem Westen vermehrt die Stirn bieten.
Das, das zeigt das Ergebnis, will die Mehrheit der Iranerinnen und Iraner nicht – vor allem die Jungen. Sie kamen zwar nach der Revolution auf die Welt, aber sie sind Kinder des 21. Jahrhunderts und leben mit dem Internet.
Rouhani hat dies verstanden und versprach wiederholt, er werde für mehr Öffnung kämpfen – nach Innen wie nach Aussen. „Je mehr ihr an die Wahlurnen geht, umso freier werden meine Hände sein für mehr Öffnung“, sagte er wiederholt während des Wahlkampfes, und seine Wähler stürmten zu den Urnen. So massiv, dass die Öffnungszeiten der Wahllokale dreimal verlängert wurden. An einigen Orten wurde bis Mitternacht gewählt. Trotzdem konnten immer noch nicht alle ihre Stimme abgeben. Die Wahlbeteiligung betrug schliesslich über 70 Prozent – ein Rekord. An einigen Orten gingen gar 90 Prozent der registrierten Wählerinnen und Wähler an die Urnen.
Damit ist Rouhani der Zweite, der die Botschaft hören muss. In seiner zweiten Amtszeit erwarten seine Wähler nun aber eine echte Öffnung – auch eine Öffnung der verriegelten Gefängnistore, eine Zulassung der gesperrten Internetseiten und eine Zulassung ausländischer Investoren.
Auch jene Iraner, die diese Wahl boykottierten, gehören zu den Empfängern dieser Wahlbotschaft. Sie lautet: die Iraner wollen mehr Freiheit.
Die Botschaft richtet sich auch an Kräfte im Ausland. Donald Trump sollte sich das Ergebnis zu Herzen nehmen und es genau studieren. Trump, der – Zufall oder nicht – heute in Saud-Arabien angekommen ist, muss endlich begreifen, dass Druck und Sanktionen gegen den Iran dazu führen, dass die radikalen Kräfte gestärkt werden. Doch Trump will einen „guten Deal“ mit den Saudis, den Erzfeinden des Iran. Bei seinem Aufenthalt in Riad will er Milliarden-Geschäfte tätigen.
Mit freundlicher Genehmigung Iran Journal