Am 23. März soll es europaweit zu Massendemonstrationen kommen, aber schon seit Wochen werden im Internet täglich Tausende von E-Mails an Abgeordnete des Europaparlaments geschickt, und die deutsche Bundesregierung hat angeblich an die 5 Millionen E-Mails erhalten. Es geht um das Urheberrecht, das vom Europaparlament in einer Urheberrechtsreform neu geregelt werden soll. Plattformen, die Inhalte anbieten, die sie nicht selbst erstellt haben, sollen deren geistige Urheber dafür entschädigen. Zugespitzt steht das im „Artikel 13“.
Eigentlich wäre das eine pure Selbstverständlichkeit. Wer seine Plattform für Millionen von Nutzern dadurch attraktiv macht, dass er den Zugriff auf zahllose Inhalte ermöglicht, sollte deren geistige Urheber als Eigentümer respektieren. Aber die grossen Plattformen denken nicht daran, und ein grosser Teil ihrer Nutzer stimmt ihnen zu. Sie halten Gratisangebote für ihr Grundrecht.
Auf der anderen Seite stehen Verlagshäuser, Zeitungsverleger und andere, die Filme, Musik und anderes herausbringen. Denn nachdem speziell bei den Zeitungen die Werbeeinnahmen schon von den Internetgiganten weitgehend abgesaugt worden sind, müssen sie sich mit dem Verkauf ihrer Inhalte direkt finanzieren. Wenn ihnen auch noch die Inhalte abgezwackt werden, wird es sie nicht mehr lange geben.
Dagegen haben die beherrschenden Internetplattformen ein Totschlagargument kreiert: Uploadfilter. Das Argument geht so: Wenn die Plattformen in Zukunft dafür verantwortlich sind, dass keine urheberrechtlich geschützten Inhalte mehr unbezahlt bei ihnen landen, müssten sie entsprechende Filter einsetzen mit dem Resultat, dass die Nutzer am Ende weniger finden und abrufen können.
Damit lenken sie von der Tatsache ab, dass sie mit der Vermarktung der persönlichsten Daten ihrer Nutzer Milliarden verdienen und es sehr wohl möglich wäre, über effiziente Zahlungsmodalitäten mit Presseverlagen oder Musiklabeln zu verhandeln. Genau das fordern die Verleger. Besonders schlaue Verfechter des Diebstahls am geistigen Eigentum sehen darin aber nur einen Trick der ganz grossen Verlage, die sich auf Kosten der Kleinen mit Google und Co einigen könnten. Auch so lassen sich Raubzüge der Internetgiganten begründen.
Für die Verhandlungen gibt es effiziente Modelle. So kennt man seit Jahrzehnten Gebühren für Fotokopien, die pauschal erhoben und von Verwertungsgesellschaften an Urheber verteilt werden. Aber jetzt handeln die Plattformen wie Obstdiebe, die ihren Diebstahl damit begründen, dass sie nicht wüssten, an welchen Bauern sie wie viel zu entrichten hätten.
Man kann nur hoffen, dass die Europapolitiker und die Parlamentarier der einzelnen Länder bei ihrer Linie bleiben und der internetbasierten Raub-Unkultur mitsamt ihrer Gratis-Mentalität entgegentreten.