Die Deutschen verstehen sich seit der Gründung der Bundesrepublik eher als Pazifisten und haben der Bundeswehr keine besondere Sympathie entgegen gebracht. Die Gründung der Bundeswehr und die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik am 5. Mai 1955 waren heftig umstritten, und die allgemeine Wehrpflicht wurde als ein Übel angesehen. Aber die Politik hat der Bundeswehr auch im Zeichen der Sozialdemokratie einen hohen Stellenwert gegeben.
Perönlichkeiten
Geht man die Liste der Verteidigungsminister seit der Gründung der Bundeswehr durch, wird man auf Namen stossen, die nicht ungeteilte Zustimmung finden. Aber es gibt auch einige Schwergewichte. Das grösste Gewicht hat ganz sicher Helmut Schmidt, der dieses Amt von 1969 bis 1972 ausübte. Am umstrittensten war Franz Josef Strauss, der fünf Jahre lang, von 1956 bis 1961, als Verteidigungsminister amtierte. Schmidt und Strauss waren zwar auf sehr gegensätzliche Weise, aber unbestritten herausragende strategische und politische Köpfe.
Und der CDU-Politiker Manfred Wörner, der das Verteidigungsministerium von 1982 bis 1988 leitete, war als Pilot der Bundeswehr unter anderem auf dem Starfighter ausgebildet worden. Das hat ihm zwar Häme eingetragen, aber selbst unter den Grünen zogen damals manche Frauen innerlich ihren Hut. Eine soll einmal anerkennend gesagt haben: „Der kann so ein Ding immerhin fliegen.“ Nach seiner Zeit als Verteidigungsminister war Wörner Generalsekretär der Nato.
Verschiebebahnhof
Unter Merkel ist das Verteidigungsministerium zu einem elenden politischen Verschiebebahnhof verkommen. Unter ihrer Ägide wurde ein Blender wie Karl-Theodor zu Guttenberg Verteidigungsminister und schaffte ohne irgendwelche Rücksprachen mit der Bundeswehr, den dazu gehörigen Administrationen und Politikern kurzerhand die Wehrpflicht ab. Von den dadurch ausgelösten logistischen, personellen und finanziellen Problemen hat sich die Bundeswehr bis heute nicht erholt.
Es folgte Thomas de Maizière, der sich in kurzer Zeit insbesondere bei der Truppe Ansehen erwarb. Er liebte dieses Amt, aber nach den Bundestagswahlen von 2013 musste er gehen, um Ursula von der Leyen Platz zu machen, denn die hatte keine Lust mehr auf das Arbeitsministerium.
Das neue Amt aber hat sie restlos überfordert. Von Anfang an ersetzte sie Sachkenntnis und Einfühlungsvermögen durch forsches Auftreten. In der Bundeswehr gab es wiederholt offene Rebellionen gegen ihren Führungsstil, und wenn Fototermine anstanden, suchten die Soldatinnen das Weite, um ja nicht zusammen mit der Ministerin posieren zu müssen. Dazu kamen diverse Skandale, von der Gorch Fock bis zur Berateraffäre. Von der Leyen kann nur froh sein, dass sie nicht noch vor einem Untersuchungsausschuss aussagen muss.
Internationales Parkett
In dieser Lage hätte die Kanzlerin für die Bundeswehr eine Persönlichkeit auswählen müssen, die aufgrund ihrer Sachkenntnis Autorität hat und damit den Stellenwert der Bundeswehr unterstreicht. Was sollen die Soldatinnen und Soldaten jetzt aber denken, wenn sie mit Annegret Kramp-Karrenbauer eine Ministerin und zugleich oberste Befehlshaberin bekommen, die ersichtlich keinerlei Beziehung zum Militär hat und der man die einfachsten und selbstverständlichsten Dinge erklären muss? Im gegenwärtigen Bundeskabinett gibt es noch andere Ministerinnen und Minister mit grossen Mängeln an Sachkenntnis. Das macht aber die Tatsache der Fehlbesetzung im Falle der Bundeswehr nicht besser.
Erschwerend kommt hinzu, dass Verteidigungsminister die Belange der Bundeswehr in internationalen Gremien vertreten müssen, etwa im Rahmen der Nato. Wie wird die Bundesrepublik mit ihrer neuen Verteidigungsministerin dort wahrgenommen werden? Kramp-Karrenbauer ist es in den letzten Monaten nicht gelungen, auf heimischen Terrain mit den ihr vertrauten Themen der Parteipolitik zu punkten, ganz im Gegenteil. Wie soll sie sich international auf einem Terrain bewähren, auf dem sich hoch spezialisierte Fachleute bewegen?
In die Tonne getreten
Bekanntlich tobt ein heftiger Streit um die Frage, ob die Bundesrepublik genügend für die Verteidigung ausgibt. Die Rolle, die Merkel dabei gespielt hat und noch spielt, ist jämmerlich. Denn sie hat international Zusagen gemacht, an die sie sich erkennbar nicht nur nicht gehalten hat, sondern die sie von vornherein brechen wollte. Mit der neuen Besetzung an der Spitze des Verteidigungsministeriums tritt sie die Bundeswehr restlos in die Tonne.
Es wird höchste Zeit, dass die Kanzlerin darauf aufmerksam gemacht wird, dass Fragen der Verteidigungspolitik keine Petitessen sind, die man parteitaktischen Überlegungen und der Durchsetzung von Frauenquoten auf allen Ebenen getrost unterordnen kann.