Vor 35 Jahren, am 9. Oktober 1989, begann mit dem Friedensgebet in der Nikolaikirche und der anschliessenden Demonstration von 70’000 Menschen auf den Strassen Leipzigs die Wende. Bundeskanzler Olaf Scholz, Manuela Schwesig, Bundesratspräsidentin und Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, und Michael Kretschmer, Ministerpräsident von Sachsen, stehen vor Beginn einer Andacht am Abend des 9. Oktober 2024 in der Nikolaikirche beisammen.
Die Leipziger Nikolaigemeinde erinnerte mit dem Friedensgebet an die Ereignisse von 1989, durch die die Nikolaikirche für viele Menschen ein Symbol der Friedlichen Revolution wurde. Nach der Begrüssung sagte der evangelische Pfarrer Bernhard Stief über den 9. Oktober 1989: «Damals lag eine grosse Anspannung über dieser Stadt. Die Stimmung war hochexplosiv.» Der SED-Staat hatte das Friedensgebet argwöhnisch beobachtet. «Womit man nicht gerechnet hatte, das waren die vielen mutigen Menschen, die trotz der Gefahrenlage in die Innenstadt gekommen waren.» Die Manifestation mit mehr als 70’000 Demonstranten blieb ohne Gewalt und Opfer. «Das kann man nur als ein Wunder beschreiben. Ein Wunder, das in die Geschichte einging.»
Wie vor 35 Jahren formierte sich nach dem Friedensgebet ein Demonstrationszug, bei dem die meisten Menschen Kerzen trugen als Zeichen der Gewaltlosigkeit. Die bereitstehenden starken Kräfte von Stasi, Polizei und Armee griffen nicht ein. Mit entscheidend dafür war eine beherzte Intervention des damaligen Chefdirigenten des Leipziger Gewandhauses, Kurt Masur. Beim Gedenkanlass 35 Jahre später beteiligen sich viele am Demonstrationszug auf dem Leipziger Ring, die auch schon im Herbst 1989 für Veränderungen in der damaligen DDR demonstriert haben. Manuela und Liane erinnern sich, dass es damals anders war, weil man nicht gewusst habe, was passiert. Nun können beide Frauen ohne Angst frei demonstrieren. «Jetzt ist es schön, weil befreit», sagt Manuela.