Wer durch Deutschland fährt, kann sie nicht übersehen: die 21 000 Windräder und die noch viel zahlreicheren Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern. Doch die Bilanz der Fotovoltaik ist durchzogen: Sie ist viel zu teuer gemessen am Ertrag. Die deutschen Konsumenten bezahlen das vom kommenden Jahr an mit massiv steigenden Strompreisen.
Bisher verliefen die Fronten immer zwischen den Anhängern von Kernkraftwerken und den Anhängern von erneuerbaren Energien. Doch seit einigen Wochen liegen sich auch die Anhänger von Windkraft und Fotovoltaik in den Haaren. Denn – so die Windrädler – die Fotovoltaik bringe die Ökostrombranche mit ihren enormen Kosten in Verruf.
Das sind die Fakten: Gegenwärtig zahlen die deutschen Konsumenten für die Förderung von Ökostrom (Wind, Wasser, Sonne, Biomasse) gut 2 Cent pro KWh Doch schon 2011 sollen es 3,5 Cent sein. Schuld daran, so die Windkraftlobby, sind die enormen Kosten für die Förderung der Solarstromerzeugung.
Subventionen verdecken Kostenwahrheit
Rund die Hälfte dieser Subventionen – in Form von sogenannten Einspeisevergütungen – geht an Betreiber von Solaranlagen, obschon diese mit ihren Anlagen bloss 1,1% des Stroms produzieren, der 2009 in Deutschland verbraucht wurde. Mit Windkraftwerken werden 6,5% des Stroms produziert. Doch die Betreiber solcher Anlagen müssen sich mit rund 20% der Vergütungen begnügen.
Was sich dahinter verbirgt, sind die hohen Kosten für die Solarstromproduktion. Je nach Produkt und Installationsjahr wird Solarstrom in Deutschland mit 32 bis 43 Cent pro Kilowattstunde subventioniert – und dies bei einem Strompreis für den Konsumenten von gegenwärtig 22 Cent! 12 Milliarden Euro fliessen jährlich aus dem Ökostromfonds in die Taschen von Fotovoltaik-Betreibern. 2015 sollen es sogar über 20 Milliarden Euro sein.
Übertragen auf eine deutsche Durchschnittsfamilie heisst das rund 70 Euro pro Jahr für nicht viel mehr als ein Prozent Solarstrom! Die Hersteller und Betreiber von Windkraftwerken fürchten nun, dass die ganze Ökoenergiebranche in Verruf kommen könnte. Hermann Albers, Präsident des Bundesverbandes WindEnergie eV. forderte die Solarbranche auf, konkrete Vorschläge auszuarbeiten, wie Fotovoltaik-Anlagen soweit verbilligt werden können, dass sie im Wettbewerb mit andern Stromerzeugungs-Methoden zu bestehen vermögen.
Der starke Konkurrent China
Um das zu erreichen, müssten die Preise für neue Anlagen deutlich sinken, was zum Teil bereits geschehen ist. Denn vor allem die in China produzierte Anlagen sind jetzt viel billiger zu haben. Weitere Preissenkungen werden erwartet. Helfen würden auch steigende Strompreise. Zum Beispiel, indem darauf verzichtet würde, die Laufzeit der deutschen Kernkraftwerke, wie von der Regierung Merkel beschlossen, zu verlängern.
Ob es richtig ist und war, die Fotovoltaik durch massive Subventionen zu unterstützen, ist in Deutschland umstritten. Einerseits hat die enorme Nachfrage nach Fotovoltaik-Anlagen in Deutschland eine Industrie entstehen lassen, die fast 80 000 Arbeitnehmer beschäftigt. Deutschland war lange der Leader in dieser Branche. In den letzten Jahren haben freilich die Chinesen das Kommando übernehmen, weil sie billiger produzieren können als deutsche Unternehmen. Nur noch rund ein Drittel der in Deutschland installierten Anlagen kommt seither aus eigener, deutscher Produktion.
Der Rest wird grösstenteils in China eingekauft. Es gibt sogar Stimmen, die glauben, dass deutsche Firmen im Preiswettbewerb mit chinesischen bald nicht mehr mithalten können. Die mit milliardenschweren Subventionen errungenen Vorteile gegenüber andern Ländern wären damit bereits wieder zerronnen. Gefährdet ist der Ausbau der Fotovoltaik auch wegen des dadurch entstehenden Bedarfs an neuen Stromnetzen. (Dasselbe gilt für die Windkraft.) Die deutsche Energieagentur schätzt den Bedarf an neuen Leitungen, die bis 2020 gebaut werden müssen, auf 3600 Kilometer. Gebaut wurden bisher 100 Kilometer
Natur- und Landschaftsschutz
Überall, wo gebaut werden soll, gibt es Widerstände. Oft sind es dieselben Kreise, die den Bau von mehr Fotovoltaik- und Windkraftwerken fordern. Sie fürchten gesundheitliche Schädigungen bei Leuten, die in der Nähe solcher Übertragungsleitungen wohnen. Hinzu kommt die Rücksichtnahme auf Natur- und Landschaftsschutz. Verlegt man die Kabel in den Boden, wie viele wünschen, sind die Kosten laut Energieagentur fast nicht zu verkraften. Denn statt rund 6 Milliarden Euro wären für ein gleichwertiges Netz 55 Milliarden auszugeben.
Nicht gelöst ist auch das Problem der Speicher: Sowohl Wind- wie Solarkraft fällt sehr unregelmässig an. Nachts generieren Solarpaneele überhaupt keinen Strom, zur Mittagszeit im Sommer bei Sonnenschein aber sehr viel. Auch zu viel Kraft ist für die Elektrizitätswirtschaft ein Problem. Entweder muss der Strom „vernichtet“ werden oder in Speicherseen in Form von hochgepumpten Wasser gelagert werden. Solange die Fotovoltaik nur 1% des benötigten Stroms produzieren, ist das leicht zu lösen, wenn es aber einmal das zehn- oder zwanzigfache ist, müssen dafür neue Lösungen gesucht werden. Das Gleiche gilt für die Windkraftwerke, auch wenn die Schwankungen dort etwas geringer sind.
Deutschland plant bis 2050 80% seiner Elektrizität durch aus erneuerbaren Energiequellen zu generieren. Dazu gehören neben Solar- und Windkraft auch Wasserkraft und Biomasse. Die Probleme, die mit einem so hohen Anteil an erneuerbaren Energien verbunden sind, sind noch nicht gelöst. Das spricht nicht grundsätzlich gegen eine Nutzung von Wind- und Solarkraft, dürfte die mitunter etwas naive Heilserwartung im Zusammenhang mit diesen Energien aber dämpfen