Gefängnisse auf Kuba tragen prosaische Namen. Kilo 7, Kilo 23, Kilo 18. Das gibt die Distanz zur nächsten Stadt an. Wegweiser, Besuchsmöglichkeiten für ausländische Journalisten oder Delegationen des Roten Kreuzes sind nicht vorhanden. Die Urteile sind drakonisch, so kann der Straftatbestand «feindliche Propaganda», was immer das sein mag, bis zu 10 Jahre Kerker eintragen. Dissidentengruppen bemängeln bedenkliche Zustände in Kubas Knästen. Reinaldo Arenas beschreibt sie in seinem autobiografischen Roman «Bevor es Nacht wird», der wohl bitterbösesten Abrechnung mit Kuba.
Zahlen sind Glücksache
Schätzungen gehen von rund 18 000 Gefangenen auf Kuba aus, die offiziell alle wegen Straftatbeständen und in keinem einzigen Fall aus politischen Gründen verurteilt wurden. Wer’s glaubt, sagt da der Kubakritiker. Wir glauben es, sagt neuerdings Amnesty International, eine Organisation, der man wohl kaum vorwerfen kann, dem Castro-Regime mit Sympathie gegenüberzustehen. Denn unter den 2900 Gefangenen, die Raúl Castro als Weihnachtsgeschenk für den im Frühling anstehenden Papstbesuch freilässt, befinden sich auch solche, die «Verbrechen gegen die Sicherheit des Staates» begangen haben. Nachdem bereits zuvor die letzten 75 Inhaftierten einer Verhaftungswelle aus dem Jahre 2003 entlassen worden waren, gibt es nun wohl keinen einzigen politischen Gefangenen mehr.
Null zu eins für Kuba
Ist Kuba also endlich frei von unmenschlichen Haftbedingungen oder rechtsstaatlichen Freiräumen? Nicht ganz, denn im Süden der Insel gibt es seit 1903 bis heute die US-Militärbasis Guantánamo Bay. Seit 1959 fordert die kubanische Regierung vergeblich die Rückgabe der völkerrechtswidrig besetzten 116,7 Quadratkilometer. Natürlich vergeblich. Aber damit nicht genug, innerhalb von Guantánamo existieren die drei Gefangenenlager Camp Delta, Camp Echo und Camp Iguana.
Eins zu eins
Die USA sorgen mit schöner Regelmässigkeit dafür, dass Kuba von der UNO wegen Verstössen gegen die Menschenrechte verurteilt wird. Als Rache für die genauso regelmässige Verurteilung des US-Handelsembargos durch die UNO-Vollversammlung. Gleichzeitig betreiben die USA in einem völlig rechtsfreien Raum auf ihrer Militärbasis Gefangenenlager, in denen laut dem IKRK «der Folter gleichkommende Behandlung» an der Tagesordnung ist, Selbstmorde, Suizidversuche und auch Gefangenenrevolten vorkommen. Damit nicht genug, auch Kinder, das jüngste 13 Jahre alt, wurden hier eingesperrt. Damit nicht genug, da die Inhaftierten als «ungesetzliche Kombattanten» bezeichnet werden, sind ihnen jegliche Rechte als normale oder als Kriegsgefangene verwehrt. Zum Teil warten sie, trotz erwiesener Unschuld, seit Jahren auf ihre Freilassung.
Politische Gefangene
Nicht nur die unter unmenschlichen Bedingungen in Guantánamo schmorenden angeblichen Terroristen, auch US-Bürger, die sich dem Kriegseinsatz in Afghanistan oder im Irak verweigerten, können mit Fug und Recht als politische Gefangene der USA bezeichnet werden. Welch ein Widerspruch, dass die westliche Ordnungsmacht ausgerechnet auf der Insel eines ihrer letzten ideologischen Feinde Folterknäste im rechtsfreien Raum unterhält. Während die angeblich grausame Castro-Diktatur gerade ihre Gefängnisse leert. Eine schöne Weihnachtsgeschichte, kein Weihnachtsmärchen, für alle, die die farbige Realität gerne in Schwarz und Weiss betrachten.