Neu, positiv Denken gibt Zuversicht. Neu Denken heisst in die Zukunft blicken. Weltweit entsteht im Rekordtempo Neues, Geniales, Nachhaltiges. Auch zum Essen.
Dem prägenden Zeitenwandel entgeht niemand. Das gewaltige Tempo der Erneuerung und der Verlust lieber Gewohnheiten verunsichern. Die Drohgebärden skrupelloser Autokraten verändern den Alltag. Doch an Ideen und Mitteln, diese Herausforderungen zu verkraften, fehlt es nicht. Weltweit entstehen neue Lösungen. Für die Welt von morgen.
Ausbrechen aus der Alltagsroutine
Das Arsenal an Qualitäten, das uns zuversichtlich stimmt – so meine Theorie – beginnt bei der unstillbaren persönlichen Neugier. Wachsamkeit verhilft zu verlässlicher Orientierung. Gelassenheit («so what!») mündet in Optimismus. Mut, Entscheidungsfreude und Zielstrebigkeit produzieren Unternehmerlust, Kreativität und Erfindergeist. Kooperationen statt Alleingang erhöhen die Erfolgsquote. Agiles, flexibles Verhalten schaffen Zuversicht.
Die alten Methoden, mit denen wir Schwierigkeiten meisterten, funktionieren oft nicht mehr. Kopfschütteln und Resignation auf diese Erkenntnis schüren die Niedergeschlagenheit. Politikerinnen und Politiker, die mit einstmals schlagenden Argumenten (z. B. «Klimalüge», «keine fremden Richter» oder «Alleine sind wir stark») Stimmenanteile gewannen, verlieren Abstimmung um Abstimmung. Wer rückwärtsblickend in die Zukunft schreitet, riskiert zu straucheln.
Also gilt es, mental aufzurüsten: Zu Dutzenden erreichen uns Meldungen über bahnbrechende Innovationen oder Künstliche Intelligenz (KI) als Wegbereiter zu Lösungen für Probleme, die wir gestern noch nicht einmal kannten. Zuversicht ist angesagt. Hier einige Beispiele aus der Lebensmittelbranche.
Fleischersatz erobert die Märkte
Kaum drei Jahre sind seit der Gründung von Planted (Planted Foods AG, eatplanted.com) vergangen, dem Start-up, das auf dem ehemaligen Maggi-Areal in Kemptthal Fleischersatzprodukte entwickelt und produziert – auf der Basis von Erbsen, Hafer und Sonnenblumen. Die junge Firma («Hi, wir sind Planted.») hat soeben von mutigen Investoren weitere 70 Millionen Franken an neuem Venture-Kapital erhalten – die Expansion auf dem Weg zur Eroberung des Massenmarktes geht weiter. Schon 200 Mitarbeiter arbeiten an der Entwicklung von z. B. Pouletbrust auf Pflanzenbasis.
Hafer wird auch beim Ersatzprodukt für Milch und Milchdrink – dem boomenden Haferdrink – benötigt. So würde man meinen, unsere Bauern hätten neue Anbaumöglichkeiten für Hafer, Erbsen oder Sonnenblumen, um rechtzeitig auf den Konsumwandel zu reagieren. Doch weit gefehlt: Das schweizerische Giesskannensystem der Bauernsubventionen macht es für diese attraktiver, zum Beispiel Erbsen als Tierfütterung zu verschwenden …
Lebensmittel der Zukunft
Die Klimadiskussion hat es gezeigt: Über 12 Prozent der Treibhausgase in der Schweiz stammen aus der Landwirtschaft. Auch aus diesem Grund ist der Trend ungebrochen: Die Lebensmittelproduktion der Zukunft fokussiert auf Clean Meat (statt Fleisch) oder Plant-Based Drinks (statt Milch) aus dem Labor. So finden wir heute in den Food-Stores reihenweise Hafer-, Soja- und Reisdrinks – alle aus dem Ausland importiert (EU-Landwirtschaft). Der jährliche Konsum von Kuhmilch pro Person ist entsprechend seit Jahren stark rückläufig: 2007: 73 kg, 2012: 61 kg, 2020: 51 kg.
Formo (legendairyfoods.de), ein Berliner Biotechunternehmen, produziert Käse, ohne Milch zu verwenden. Der Prozess dahinter: Präzisionsfermentation – Mikroorganismen stellen bei der Fermentation Milchproteine her. Als nächste Innovation stehen Mozzarella und Ricotta auf dem Programm (Innovator by The Red Bulletin).
Fisch aus dem 3D-Drucker
Spannende Nachrichten erreichen uns aus Wien: Das Start-up Revo Foods (revo-foods.com) produziert Lachsfilet auf Pflanzenbasis – mittels 3D-Drucker. «The best plant-based seafood you will ever taste», rufen die Pioniere uns zu. Der Erfolg gibt ihnen recht. Bereits vermarkten sie ihren Räucherlachs in 16 Ländern. Ein pflanzliches Lachsfilet mit realistischem Geschmack und Textur herzustellen war eine ultimative technische Herausforderung, so der CEO von Revo Foods.
Ein weiterer Traum ging in Erfüllung: So werden neu auch Fischstäbchen «gedruckt» – aus Erbsenprotein, Algenextrakt und Pflanzenöl. Nährwerttechnisch lässt sich die Bilanz sehen: hoher Proteingehalt und ähnlich hoher Gehalt an Omega-3-Fettsäuren wie die tierischen Pendants. Das Ganze ist auch ein aktiver Beitrag gegen die Überfischung unserer Meere (Innovator by The Red Bulletin).
Künstliche Intelligenz (KI) gegen Food Waste
Seit Jahren beklagen wir die Verschwendung von Lebensmitteln, das tonnenweise Wegwerfen nicht verkaufter Produkte in den Lebensmittelmärkten oder das gedankenlose Entsorgen von Food zuhause. Das Modell des Tech-Unternehmens «foodforecast» (foodforecast.com) aus Köln beinhaltet Künstliche Intelligenz für mehr Nachhaltigkeit. Es bietet Unternehmen der Lebensmittelproduktion eine Software auf Basis von Künstlicher Intelligenz (KI) an, die exakte Verkaufsprognosen liefert. Somit wird die optimale Bestellmenge ermittelt und nur noch das produziert, was auch tatsächlich verkauft wird.
«Warum wir?», fragt das Unternehmen auf seiner Homepage. «Weil foodforecast gemeinsam mit Ihnen ein nachhaltiges Ergebnis für Ihren Betrieb erzielt – wirtschaftlich, ökologisch und sozial. Gemeint sind damit bis zu 4 Prozent Umsatzzuwachs, rund 30 Prozent weniger Abfall, bis zu 100 Prozent Bestellautomatisierung.»
In diesem Beitrag habe ich mich auf einige Beispiele aus der Lebensmittelbranche beschränkt – mit dem Hintergedanken, dass dieser Sektor alle Menschen interessiert und dass mit dem technologischen Fortschritt in der Food-Produktion gleichzeitig ein nicht zu unterschätzender Beitrag zur Verbesserung der Klimabilanz ermöglicht wird. In einem späteren Artikel werde ich auf Innovationen und Start-ups aus anderen Sparten fokussieren.