Es ist hingerichtet. Fünf Jahre Verhandlungen haben für die CS mit dem schlimmstmöglichen Ergebnis geendet. Die Bank zahlt 2,6 Milliarden Dollar Busse und bekennt sich schuldig, US-Personen jahrzehntelang bei der Steuerhinterziehung geholfen zu haben. Genauer erklärt sie sich der «Verschwörung» schuldig, also eines Straftatbestands, meldet die «Financial Times».
Der Tiefpunkt
Das ist der Tiefpunkt in der langen Geschichte der zweitgrössten Schweizer Bank, ihr Gründervater Alfred Escher würde im Grab rotieren, müsste er das erfahren. Entschieden ruhiger nehmen es die aktuell Verantwortlichen. Weder der VR-Präsident Urs Rohner noch der CEO Brady Dougan denken bislang an Rücktritt. Sein Nutzen sei kleiner als die Kosten, die durch Instabilität bei der Bank entstünden, speisten «nicht namentlich genannte Quellen» in die Medien ein. Die aktuellen Kontoauszüge dieser «Quellen» möchte ich gerne sehen.
Diverse US-Medien berichten übereinstimmend, dass das US-Justizministerium auf dem Schuldeingeständnis bestanden habe, weil seiner Meinung nach die Bank nicht kooperativ genug gewesen sei. Generalstaatsanwalt Eric Holder sagte an einer eigens einberufenen Pressekonferenz: «Credit Suisse liess zu, dass Beweise verloren gingen oder zerstört wurden und betrieb eine beschämend unzureichende interne Untersuchung.»
Aus diesem Grund wurde zum ersten Mal seit zwanzig Jahren eine global tätige Bank zu diesem beschämenden Schritt gezwungen. Welche Auswirkungen er auf grosse institutionelle Anleger hat, ist nicht absehbar. Obwohl die CS ihre Banklizenz in den USA nicht verlieren soll, bleibt die Frage, wie Grossinvestoren und andere Finanzinstitute zukünftig mit einer vorbestraften Bank geschäften werden.
Neue Benchmark
Vor fünf Jahren kam die UBS, konfrontiert mit dem gleichen Problem, noch mit einer Busse von 780 Millionen Dollar, einem sozusagen bedingten Schuldeingeständnis und der Auslieferung von rund 5000 US-Kundendaten davon. Der Tarif war gesetzt, und die CS wusste seit diesem Zeitpunkt, dass sie zweifellos ebenfalls ins Visier der US-Behörden geraten würde, spätestens seit 2011 bekannt wurde, dass die Grossbank zusammen mit einem runden Dutzend weiterer Schweizer Finanzhäuser auf die Streckbank strafrechtlicher Untersuchungen gelegt wurde.
Natürlich hat auch die Schweizer Regierung, in erster Linie die zuständige Bundesrätin, mitsamt diversen Schweizer Behörden versagt. Sie versprach über Jahre hinweg eine unmittelbar bevorstehende «Globallösung», die sich als Fata Morgana erwies. Auch der Versuch, mit einer Lex USA, die in Wirklichkeit eine Lex Credit Suisse war, für die Bank die Kohlen aus dem Feuer zu holen, wurde im Parlament zu recht abgeschmettert. Aber das alles ändert nichts an der Verantwortlichkeit der Bankführung für diese neue Benchmark im Banking.
Und die Gewähr?
Im Bundesgesetz über Banken und Sparkassen wird ausgeführt, dass die Mitglieder der Geschäftsleitung und des Verwaltungsrats einen «guten Ruf geniessen müssen» und «Gewähr für eine einwandfreie Geschäftstätigkeit» zu bieten haben. Das bedeutet, diese Führungskräfte müssen über die fachliche und charakterliche Eignung verfügen, um eine Bank zu führen. Kontrollinstanz dafür ist die staatliche Bankenaufsicht Finma.
Diese sogenannte Gewähr ist die Lizenz zum Banking. Wird sie von der Finma entzogen, kann sich der Banker einen neuen Job suchen, beziehungsweise sein vorher kassiertes Geld in Ruhe geniessen. Normalerweise genügt bereits die Androhung einer entsprechenden Finma-Untersuchung, dass der Banker seinen Hut nimmt. Es wird interessant werden, ob die staatliche Aufsichtsbehörde aus ihrem Tiefschlaf erwacht.
Scham und Anstand
Sollte es sich bewahrheiten, dass die CS in Zukunft eine vorbestrafte Bank ist, fehlen einem die Worte, wieso das nicht zum sofortigen Rücktritt der Entscheidungsträger geführt hat. Vor allem, nachdem sie bei ihrem jämmerlichen Auftritt vor dem Untersuchungsausschuss des Senators Levin zwar Fehlverhalten eingeräumt hatten. Das sei allerdings nur auf untergeordneter Stufe und ohne das Wissen der Geschäftsleitung erfolgt. «Ausgezeichnet», so lobte vor zwei Monaten der VR-Präsident Rohner das Verhalten von Dougan und Co.
Es wäre wohl vergeblich, die altmodischen Begriffe Scham und Anstand in die Debatte zu werfen, sie haben im modernen Banking keinen Wert und keinen Platz. Aber es wäre ja nicht das Verhalten einer kompetenten Führungscrew, wenn es nicht noch schlimmer ginge. Eine Busse, die die dafür gemachten Rückstellungen um das Dreifache übersteigt. Also die Aktionäre zur Kasse bitten wird und das Eigenkapital absenkt. Ein Schuldeingeständnis von historischer Dimension. Und dazu noch die weiterhin ungelöste Frage, wie denn nun die CS Kundendaten von US-Steuerhinterziehern ausliefern wird. Bislang waren es nur einige Dutzend, Tausende fehlen noch.
Mit einem Schuldeigeständnis in der Tasche können die US-Behörden der CS nach Belieben die Pistole an den Kopf halten. Dann bliebe mal wieder Notrecht oder ein Verstoss gegen Schweizer Gesetze, um die gewünschten Informationen auszuliefern. Gut, dass wir da auf die Fähigkeiten der aktuellen Bankführung zählen können. Die werden es schon hinkriegen, daran kann doch kein Zweifel bestehen. Denn wie lässt die Bank in völliger Realitätsferne verlauten:
«Wir danken unseren Kunden und Mitarbeitenden für ihre anhaltende Unterstützung bei der Beilegung dieser Angelegenheit. Wir können uns nun voll und ganz auf die Gestaltung der Zukunft sowie die weitere Umsetzung unserer Strategie konzentrieren.»