Das Pentagon ordnet eine Untersuchung an und so weiter und so fort. Ich frage mich: Was um Himmels Willen sind denn die Werte eines Staates, der Kriegsgegner oder vermeintliche Terroristen Jahrzehnte lang auf einem gepachteten Stück Land in Kuba gefangen hält, weil sie dort leichter gefoltert werden können? Die Regierung Bush glaubte, auf Guatánamo gelte kein amerikanisches Recht.
Wo muss man die Werte der amerikanischen Armee suchen? Wo sind sie bisher zum Ausdruck gekommen? In den Flächenbombardements auf Vietnam? Im Einsatz der Dioxin-haltigen Substanz Agent Orange? Im Gefängnis von Abu Ghraib? In den geheimen Drohnen-Angriffen, die im Grenzgebiet zwischen Pakistan und Afghanistan seit vielen Monaten Woche für Woche halbe Dörfer in Schutt und Asche legen? Das ist eine Strategie, die in dieser Region den Hass auf die USA ins Masslose steigern wird.
Was wurde im Irak erreicht?
Zum Abzug der Amerikaner aus dem Irak wird selbst von den Blättern der übriggebliebenen kalten Krieger und von strammen NATO-Verbündeten kleinlaut die Frage gestellt, was denn mit diesem Angriffs-Krieg erreicht wurde im Zweistromland - ausser weit mehr als hunderttausend tote Iraker.
Am 14. Dezember zog Präsident Barack Obama in Fort Bragg, North Carolina, alle Register des traditionellen amerikanischen Patriotismus, als er den heimkehrenden Truppen für ihren heldenhaften Irak-Einsatz dankte.
Tags drauf titelt die Herald Tribune: „Killings in focus as U.S. pulls out.“
Tote Zivilisten "not remarkable"
Es geht unter anderem um ein Massaker in Haditha in der Provinz Anbar, Irak, im Jahre 2005. Eine amerikanische Patrouille war auf eine Mine gefahren, die Marines begaben sich daraufhin in die umliegenden Häuser und töteten 24 Dorfbewohner, darunter einen 76-jährigen blinden Mann und einige Kinder. Die Armee leitete eine Untersuchung ein. Die Befragungen der Beteiligten und Augenzeugen füllen 400 Seiten. Die Protokolle wurden als top secret eingestuft. Die Armee war im Begriff, die Sache in den untersten Schubladen verschwinden zu lassen, doch es kam durch Zufall anders.
Als die Amerikaner ihren Abzug aus dem Irak begannen, entdeckte ein Journalist der New York Times die geheimen Unterlagen in einem Hinterhof, wo irakisches Personal dabei war, Papiere eines Abfall-Containers zu verbrennen. Die New York Times veröffentlichte die Dokumente auszugsweise im vergangenen Dezember. Die Verhör-Protokolle ergeben ein grauenhaftes Bild von der täglichen Routine des Irak-Krieges. Viele der befragten amerikanischen Soldaten fanden die Tötung von zwei Dutzend Zivilisten in Haditha als nicht besonders erwähnenswertes Ereignis. „Not remarkable“, eine Routine-Sache. Major General Steve Johnson, der Kommandeur der amerikanischen Einheiten in der Provinz Anbar, gab zu Protokoll, er habe das Gefühl gehabt, der Tod von Zivilisten sei „part of the engagement“. Und: a cost of doing business.“
Von den acht beschuldigten Marines wurden sieben entlastet, ein Fall ist noch hängig. Ein Massaker von vielen, die folgenlos blieben.
Verteidigungsminister Leon Panetta sagte, es sei „absolut unangemessen“, wenn amerikanische Soldaten auf tote Taliban urinierten. Dies „spiegelt nicht den Standard oder die Werte, für die die amerikanischen Streitkräfte stehen“. Welche Werte meint der Mann?