Mozart, Salzburg und Mühlemann – die gehören einfach zusammen. Und dieses Jahr hat Regula Mühlemann in der seit eh und je weltweit am meisten gespielten Oper brilliert: in der «Zauberflöte».
«Als Pamina bezauberte sie das Publikum mit ihrer Natürlichkeit – und überragte das gesamte Salzburger Mozart-Ensemble», befand der Bayerische Rundfunk nach der Premiere. Die «Salzburger Nachrichten» doppelten nach: «Regula Mühlemann gibt eine hinreissende Pamina» und schwärmten von ihrer «glockenhellen lyrischen Sopranstimme mit berührendem Piano und geschmeidigem Legato». Und «Die Presse» in Wien schrieb einfach: «Regula Mühlemann war der Star des Abends».
Besser kann es doch gar nicht laufen! Regula Mühlemann strahlt zu Recht, lacht und sagt dann fast etwas verlegen: «Ja, ich glaube ich habe das Gütesiegel jetzt bekommen …» Dann fährt sie fort: «Die ‘Zauberflöte’ in Salzburg, im Mozartmekka, zu singen ist schon etwas Spezielles und mit grosser Freude verbunden. Im Vorfeld bin ich in Interviews immer wieder gefragt worden, ob mir das Angst mache. Ich habe das Gegenteil empfunden: Ich habe mich wohlgefühlt mit dem Stück und eine schöne Bühne bekommen … Darauf hatte ich mich gefreut!»
Irrungen und Wirrungen um die Zauberflöte
Die «Zauberflöte» steht unerschütterlich an der Spitze der Hitparade der meistgespielten Opern. Für viele ist sie die erste Oper überhaupt, die sie – oft schon als Kind – besuchen. Und sie schwärmen, ahhh, so herzig, so lustig der Vogelhändler Papageno und so gfürchig die Königin der Nacht mit ihrer atemberaubenden Koloratur-Arie. Genau genommen ist die «Zauberflöte» allerdings nicht unproblematisch, auch mit ihrer Freimaurer-Ideologie, den ägyptischen Mysterien und den vielen Möglichkeiten, Irrungen und Wirrungen der Interpretation. So hat auch diese Salzburger «Zauberflöte», die 2018 noch vor der Pandemie inszeniert worden war, damals eher mässige Noten von der Kritik bekommen. Seither wurde an der Inszenierung weitergearbeitet, was der «Zauberflöte» bei ihrer Wideraufnahme gutgetan hat. Und inzwischen war auch Regula Mühlemann zum Ensemble gestossen. «Ich hatte sehr auf eine starke, selbstbewusste Pamina gehofft, die die Fäden in der Hand hat und auch wirklich einen schlüssigen, roten Faden durch die ganze Geschichte ziehen kann», sagt Regula Mühlemann. «Das waren meine Hoffnungen und Ängste, bevor ich zu den Proben nach Salzburg kam. Aber Lydia Steier, die Regisseurin, war Diskussionen gegenüber sehr offen und ich konnte viel Einfluss auf meine Rolle nehmen. Am Schluss ist dabei eine Pamina entstanden, die fast noch stärker ist, als ich es mir zuvor erhofft hatte, darum bin ich mit der Anlage meiner Rolle in dieser Konstellation jetzt sehr glücklich.»
Nur nicht ins Cliché verfallen …
Die Pamina ist ein Rollen-Debüt für Regula Mühlemann. «Ohne Corona wäre es allerdings schon meine fünfte ‘Zauberflöte’…» wirft sie ein. Aber eben, Corona hat so manche Planung durcheinandergebracht. Umso mehr hat Mühlemann sich auf die Pamina vorbereitet. «Ich habe das Gefühl, dass man die Ehrlichkeit gegenüber der Musik und den Figuren nie verlieren darf. Sobald es ins Clichéhafte geht, wird es kitschig und oberflächlich. Und die Gefahr ist bei der ‘Zauberflöte’ riesig, dass man Clichés bedient. Ich habe versucht, ganz genau darauf zu schauen: was will diese Pamina, was ist sie für ein Mensch, wo kommt sie her, was passt zu dieser Figur, wenn sie in gewissen Situation so oder so reagiert, was heisst das … Das ist mein Herangehens-Weg gewesen.»
Natürlich hat sie sich auch Gedanken gemacht über verschiedene Textstellen. «Es gibt ja schon heikle Aussagen, wie zum Beispiel ’ein Weib plaudert viel’. Ich finde es schon wichtig, dass man das in Frage stellt. Aber Mozart hat doch Frauen sehr verehrt und in vielen Stücken ist die Frau eine starke Persönlichkeit. Ich glaube, Mozart hat vieles ironischer gemeint, als es heute ausgelegt wird.»
Luzerner Doppel in Salzburg
Wie es der Zufall so will, steht in Salzburg neben der Luzernerin Regula Mühlemann ebenfalls ein Luzerner als Tamino an ihrer Seite und auf der Bühne: Mauro Peter. Und dies zum ersten Mal. «Also ich habe schon mit vielen Tenören aus dem lyrischen Fach gesungen, aber noch nie mit Mauro! Als ich in der Ausbildung meinen Bachelor gemacht habe, hatte ich ihn einmal angefragt, ob er in ‘Hänsel und Gretel’ die Hexe für mich spielen würde. Er war damals schon in München, ist aber gekommen und hat die Hexe für mich gespielt. Seither haben wir nie wieder zusammen gesungen!» Es brauchte offenbar die Salzburger Festspiele, um die beiden Luzerner gemeinsam auf die Bühne zu bringen, zur Freude von beiden.
Die Pamina wird Regula Mühlemann wohl auch künftig ein Weilchen begleiten, da Intendanten Rollen gern mit jenen Sängerinnen und Sängern besetzen, die ihre jeweiligen Partien schon gesungen haben. «Ich fühle mich wohl in der Rolle. Vom Charakter und vom Stimmumfang her ist die Pamina für mich perfekt. Es hat nun halt wegen Corona ein bisschen länger gedauert, aber jetzt habe ich mein spätes Debüt.»
Jetzt erst mal mehr Konzerte
Nach der «Zauberflöte» in Salzburg geht’s weiter nach Paris, wo Regula Mühlemann in Christoph Willibald Glucks «Orfeo ed Euridice» unter der Leitung von Thomas Hengelbrock auftritt. «Darauf freue ich mich sehr. Es ist wirklich eine Spielzeit mit vielen Terminen, die bevorstehen.» Im vergangenen halben Jahr sei sie immer unterwegs gewesen und habe nur Oper gesungen, sagt sie. «Ich habe mich entschieden, jetzt etwas kürzer zu treten, denn Oper bedingt sehr viel Probezeit vor Ort. Für ein Konzert kann man sich zuhause vorbereiten und dann nur drei Tage unterwegs sein. Auch unter diesem Aspekt ist es schön, wenn man eine grosse Vielfalt hat. Ich habe ein gutes Standbein im Lied- und Konzertfach, das möchte ich jetzt noch etwas stärken. Es ist so viel Zeit, die ich in Opern investiere … Soweit ich Einfluss auf meine Rolle habe, gebe ich 200 Prozent und bin vielleicht auch hartnäckig. Aber ich habe noch nie einen Regisseur getroffen, der das nicht akzeptiert hätte. Wenn ich zwei Monate von meinen geliebten Menschen in Luzern weg bin, will ich, dass es sich auch lohnt. Das bin ich auch meinem Publikum schuldig.»
In nächster Zeit also mehr Konzerte und vielleicht zweimal Oper pro Jahr. Und schon strahlt sie beim Gedanken an den «Rigoletto» in Basel. «Zum ersten Mal die Gilda!» Und dank der Zugverbindungen zwischen Basel und Luzern ist sie schnell wieder zuhause.