
Iran und die USA wollen am Samstag, nach langer Schweigezeit, wieder über das iranische Atomprogramm sprechen. Sie wollen (so erklären das beide Seiten zumindest) sondieren, ob es einerseits eine Möglichkeit gibt, Iran dazu zu verpflichten, dauerhaft auf die Entwicklung einer Atombombe zu verzichten, und anderseits (das der Wunsch Irans) die USA zur Lockerung ihrer Sanktionen bewegen.
Die Gespräche (sie werden in Oman stattfinden) stehen unter einem schlechten Stern. Die Gefahr, dass sie zu einer Eskalation der Spannungen führen, ist bedeutend grösser als die Aussicht auf Erfolg. Dafür spricht, dass Donald Trump nicht eine halbwegs diplomatische Einladung für wirkliche Verhandlungen nach Teheran übermittelt hat, sondern ein Schreiben mit ultimativem Unterton: Entweder es gibt einen Deal, oder ihr, die Iraner, werdet mit einem gewaltigen Bombenhagel überzogen. Und wenn Trump «Deal» sagt, dann meint er nichts weniger als ein bedingungsloses Ja zu dem, was die USA wollen.
Verhandeln ja, aber «nicht demütigen»
Was genau ist das? Trump erwartet vom Regime in Teheran nicht nur Worte und Unterschriften unter Dokumente, sondern weitreichende Taten. Iran soll nicht nur die Hoch-Anreicherung von Uran beenden und das bereits fast atomwaffenfähige Material vernichten, sondern Iran soll sämtliche Anlagen für die atomare Forschung und Entwicklung kontrolliert abbauen. Das und nicht weniger ist es, was auch der israelische Premier Netanjahu fordert.
Einer Forderung dieses Umfangs nachzugeben ist die iranische Führung jedoch nicht bereit. Mahmud Peseshkian, Staatspräsident und in dieser Funktion ausführendes Organ der Direktiven von Revolutionsführer Ali Khamenei, verkündet fast jeden zweiten Tag in einem der staatlich gelenkten Medien, Iran lasse sich «nicht demütigen». Was er damit meint, lässt sich so interpretieren: Man kann mit uns über das Thema der Uran-Anreicherung verhandeln, nicht aber grundsätzlich darüber, ob Iran weiterhin nicht-militärische atomare Forschung betreiben darf.
Warum diese harte Haltung? Da geht es, nach iranischer Auffassung, um eine «Frage der Ehre». Iran will als Nation mit hohem Bildungsstandard und entwickelter Forschung wahrgenommen werden – nichts ist verletzender für Iranerinnen und Iraner, als wenn ihnen jemand zu verstehen gibt, dass ihr Land den Hochtechnologie-Ländern irgendwie nicht ebenbürtig sei. Die Kernforschung gilt als Gradmesser für die Ebenbürtigkeit, und daraus folgert: Sie ist für Iran im Prinzip nicht verhandelbar.
Ein Widerspruch in Teheran
Doch da hat sich die Elite des Landes in einen Widerspruch verstrickt: Ayatollah Khamenei betont immer wieder, Iran könne ja schon deshalb kein Interesse an der Entwicklung einer Atombombe haben, weil die Bombe «unislamisch» sei. Damit spricht er auf einen koranischen Grundsatz an, der, für den Fall eines Kriegs, strikt zwischen Kombattanten und Nicht-Kombattanten unterscheidet. Also: Kämpfer der Gegenseite dürfen attackiert werden, Zivilpersonen dagegen werden verschont, Atomwaffen aber würden unweigerlich auch Zivilisten treffen und töten.
So weit, was das Thema «unislamisch» betrifft, so gut – wie aber erklärt Khamenei dann, dass in den iranischen Zentrifugen in den letzten sechs Jahren fast 200 Kilogramm Uran auf 60 Prozent angereichert wurden? Das ist nicht weit entfernt von der «Atombombenfähigkeit», die von Fachleuten mit ca. 90 Prozent benannt wird. Also muss die Frage eben doch gestellt werden: Strebt Iran nach der Bombe und wie viel Zeit würde noch verstreichen, bis wirklich eine oder mehrere A-Bomben in iranischen Anlagen gebunkert werden könnten? Einige Monate wohl noch, sagen Experten und verweisen darauf, dass ein Land, das andere Länder mit der Atombombe bedrohen könnte, nicht nur eine bestimmte Menge von hoch angereichertem Uran benötigt, sondern auch Trägerwaffen für den Transport und den Abwurf der Bomben. Aber auch das könnte Iran in einigen Monaten schaffen.
Spielraum für einen «Deal»?
Noch ist die Frage hypothetisch: Was wäre, wenn Iran tatsächlich Mitglied des «A-Bomben-Clubs» würde, jener Gruppe von Staaten also, die über eine oder mehrere Atombomben verfügen? Israel ist bekanntlich Mitglied dieses «Clubs», und auf der Ebene der hohen Politik stellt niemand die Frage, ob Israel mit Atombomben einen anderen Staat attackieren könnte – man geht in diesem Fall davon aus, dass das Land die A-Bombe lediglich zur Selbstverteidigung im äussersten Notfall einsetzen würde. Warum wird die Frage im Fall Irans nicht gleichlautend gestellt? Die A-Bombe als Versicherung dafür, dass man unangreifbar geworden ist?
Israel, von der iranischen Führung als Erzfeind bezeichnet, stellt sich jedoch auf den Standpunkt: hätte Iran die A-Bombe, würde das Regime sie auch einsetzen. Also müsse das um jeden Preis, auch um den Preis eines flächendeckenden Krieges, verhindert werden. Daher die Forderung, Iran müsse jetzt umfassend abrüsten, inklusive Demontage aller Anlagen, in denen Atomforschung betrieben wird. Dazu aber sagt die iranische Führung konsequent Nein. Dabei wird es aller Wahrscheinlichkeit nach auch bleiben, wenn sich der iranische Aussenminister mit dem Trump-Abgesandten Witkoff ausgesprochen hat. Bei derart diametral entgegen gesetzten Standpunkten kann es wohl keinen «Deal» geben.
Und was dann? Die USA haben bereits B-2-Langstreckenbomber auf ihren Stützpunkt Diego Garcia im Indischen Ozean verlegt. Und Pete Hegseth, amerikanischer Verteidigungsminister, stellte eben rhetorisch die Frage, ob Iran begriffen habe, was das bedeuten könne.