Verfehlt der Lehrplan 21 sein Ziel. Hermann Forneck, Direktor der Pädagogischen Hochschule an der Fachhochschule Nordwestschweiz, kritisiert in der NZZ, dass er nicht auf das 21. Jahrhundert ausgerichtet sei. Der Lehrplan tradiere lediglich die Grundstruktur der Inhalte des letzten Jahrhunderts und gebe keine Antworten für die heutigen Herausforderungen an Wirtschaft und Gesellschaft.
Pragmatische Kompromisse
Doch der Lehrplan 21 ist nicht als Grundlagenreform des schweizerischen Schulwesens konzipiert worden. Es ging vielmehr um das Zusammenwachsen und die Harmonisierung der unterschiedlichen kantonalen Schulsysteme. Schon dies ist eine Sysiphusarbeit und kann nur pragmatische Lösungen erbringen. Darin auch noch eine grundlegende Reform hineinzupacken, würde das Fuder in einem föderalistischen System wie der Schweiz überladen. Schon bei der Angleichung der verschiedenen Fremdsprachenmodelle zeigen sich Knackpunkte, die erst noch zu bewältigen sind.
Ein Reformprojekt: Die Informatik
Allerdings wird gegenwärtig eine Ausnahme an der Haltung, dem neuen Lehrplan nicht noch erschwerende Reformen zu verpassen, heftig diskutiert. Verschiedene Informatik-Lobbys wie der Informatik Dachverband der Schweiz oder die Hasler Stiftung stellen sich vehement auf den Standpunkt, die Informatik müsse schon in der Volkschule verstärkt werden. Die Informatik sei nicht einfach Wissen zur Anwendung des Computers, sondern es gehe um die Vermittlung von Grundlagenwissen aus der Wissenschaftsdisziplin Informatik. Im Bereich von Natur und Technik gehört der Aspekt „Information“ nach diesen Vorstellungen gleichberechtigt neben Physik, Chemie und Biologie.
Allerdings gibt sich der Dachverband Informatik kompromissbereit. Er verzichtet auf eine fundamentale Forderung nach einem Fach über die ganze Volksschulzeit. Aber das Thema müsse ab der ersten Klasse einen festen Platz in der Stundentafel haben. Vor allem in der Sekundarstufe erfolgt dann im Rahmen von Natur, Mensch und Gesellschaft ein Ausbau, indem die Thematik der Information dazu kommt.
Die Stolpersteine
Angesichts der Bedeutung der digitalen Medien von Computern bis zu Handys und Tablet PC’s für die Jugendlichen und Erwachsenen wird hier ein Weg aufgezeigt, der gangbar erscheint: In der Primarschule bleibt es bei einem überfachlichen Konzept, wenn auch mit stärker ausgeschilderten Themen. Das trägt der Tatsache Rechnung, dass PC und Internet fast für alle Fächer Bedeutung haben und dort einzuführen sind, wo sie genutzt werden.
Der fachbezogene Ansatz innerhalb des Verbundes technischer Fächer scheint ebenfalls sinnvoll zu sein. Wenn er allerdings mehr als ein Alibi darstellen soll, wird die Stundendotation nicht zu klein ausfallen dürfen. Das bedeutet aber, dass die anderen Fächer des Verbundes Haare lassen müssen – oder dass ein stundenmässiger Ausbau des gesamten Bereichs erfolgen müsste. Damit aber werden jene Verteilungskämpfe losgetreten, die man bei der Konzeption des Lehrplans möglichst vermeiden wollte.
Ebenfalls sind noch die Inhalte des neuen Informationsbereichs festzuzurren. Da gibt es die harten Verfechter, welche vor allem das Programmieren im Auge haben und die „unwissenschaftlichen“ Anwenderkompetenzen mit schnödem Blick betrachten. Hier muss klar gesagt werden, dass nicht alle Jugendlichen später in einen Informatikberuf einsteigen werden. Für sie ist es besonders wichtig in dem von ihnen gewählten Berufsspektrum, professionell mit Medien umgehen zu können und mit ihnen zu kommunizieren. Auch hier werden deshalb Kompromisse nötig sein, damit die digitalen Medien in der Schule nicht zu ausschliesslich von ihrer technischen Seite betrachtet werden.