„Ich sehe lieber Gesichter ohne Schleier als solche, die eine Maske der Verstellung tragen", sagte "der Scheich", wie die Tunesier Ghannouchi liebevoll und ironisch nennen. Er führte aus: "Der Staat hat sich nicht dabei einzumischen, was die Leute essen und wie sie sich kleiden. Macht Euch keine Illusionen, an-Nahda ist eine politische Partei. Wir sind nicht eine Mystiker Bewegung. Die Rechte der Frauen, mit oder ohne Schleier, werden durch die kommende Verfassung garantiert werden."
Man kann dazu anmerken: an-Nahda wird in der Verfassungsversammlung nach den neuesten Auszählergebnissen durch 42 Frauen und 49 Männer vertreten sein.
"Alle Ideologien", erklärte Ghannouchi, "Nationalisten, Progressisten, Islamisten, Kommunisten, Kämpfer für die Menschenrechte, haben sich in den Kerkern Ben Alis zusammengefunden. (...) Man muss begreifen, dass die Demokratie entweder für Alle da ist oder für Keinen."
Was die Vorurteile angeht, die nicht nur in Tunesien sondern auch in Europa gegen "die Islamisten" bestehen, so meinte Ghannouchi: "Wir respektieren die Personen, die nicht für uns gewählt haben. Aber ich bitte meine Mitbürger, die während dreissig Jahren nur eine einzige Darstellung der Fakten zu hören bekamen, eine Version, die von der schleichenden Gefahr des Islamismus redete, uns näher kennen zu lernen."
Natürlich wird es stets Leute geben, die in alle dem nichts Anderes sehen als taktische Verstellung. Doch "der Scheich" müsste ein ausserordentlich begabter Schauspieler sein, wenn er es fertig brächte, sich so gut zu verstellen. - Oder soll man annehmen, dass er über "speach writers" verfügt, die ihre Sache eher besser verstehen als jene der amerikanischen Präsidenten?