Die Ausstellungen der Gurlitt-Sammlung in Bern und Bonn steht momentan im Zentrum der Aufmerksamkeit kunstinteressierter Medien. Nicht unbedingt wegen der Qualität der gezeigten Werke. Eher wegen der Begleitumstände, als da wären: mysteriöse Persönlichkeit des verstorbenen Sammlers Cornelius Gurlitt, der eigentlich nur der Verwalter der Sammlung seines Vaters war; zwielichtige Persönlichkeit eben dieses Vaters, Hildebrand Gurlitt, der mit Billigung der Nazis Kunsthandel betrieb; Fragen nach der Provenienz der ausgestellten Werke, mit deren Beantwortung sich die entsprechenden Fachgremien der Museen schwer tun.
Die Provenienz-, also die Herkunftsfrage steht, bei allem was man liest und hört, zuoberst auf der Liste der Probleme, die von der nun gezeigten Kunstsammlung verursacht werden. Wie kamen die Gurlitts zu dieser Zeichnung? Von wem haben sie jenes Gemälde? Waren die Verkäufe rechtens? War Erpressung im Spiel? Gab es kriminelle Machenschaften?
Bildende Kunst hat den Nimbus des Schönen und Guten – wenn es ihn je ungeteilt hatte – längst verloren. Naiv, nur aufs Ästhetische fixiert, kann man Ausstellungen nicht mehr anschauen. Unweigerlich kommen einem Geschichten über raffinierte Fälschungen in den Sinn, wenn man vor berühmten Bildern steht. Und man denkt an Kunst als Kapitalanlage, als Geldwaschmittel, als Spekulationsobjekt.
Und jetzt also die Frage nach der Herkunft. Sie betrifft oft Kunstwerke, die während und zwischen den beiden Weltkriegen entstanden sind, hin- und hergeschoben, versteckt, geschützt, geraubt wurden. Schaut man sich die entsprechenden Bilder heute in einer Sammlung, zum Beispiel in der Gurlittschen, an, wird man sich einen veränderten Blick zulegen müssen: einen Doppelblick, der einerseits aufzunehmen sucht, was er gezeichnet und gemalt vor sich sieht, und anderseits den Weg „sehen“ möchte, den das Bild genommen hat.