Achtzehn Tage einer weiteren sinnlosen israelischen Aggression gegen Gaza forderten bisher mehr als 700 Tote und mehr als 4500 Verletzte – meistens palästinensische Zivilisten, Kinder, Frauen und ältere Menschen. Dieser Krieg hat auch das Leben von mehr als 33 israelischen Soldaten gefordert und von zwei israelischen Zivilisten – bisher. Auch wurden Hunderte israelischer Soldaten verletzt und einige israelische Zivilisten.
Symptome statt Ursachen bekämpft
Dieser Krieg ist sinnlos, weil ein solcher Krieg schon mehrfach geführt wurde und schon mehrfach scheiterte - und dennoch wird ein solcher Krieg jetzt wiederholt. Israel kann diesen Krieg auf keinen Fall gewinnen, ebenso wenig wie es vorherige Kriege gewonnen hat - jene gegen Gaza nicht und den Libanon etwa. Denn alle diese Kriege versuchten die Symptome zu kurieren statt die Ursachen zu bekämpfen.
Die Symptome sind in diesem Fall die Raketen aus dem Libanon und aus Gaza sowie die Tunnels. Die wahre Ursache liegt indessen in der Besatzung und in ihren Auswirkungen. Diese sind, neben anderen Dingen, der Siedlungsbau, die Abriegelung von Gaza, die Einschränkung der Bewegungsfreiheit der Palästinenser und die Erniedrigung durch die Besatzung in jedem Lebensbereich der Menschen und auf all den Wegen und Straßen in den besetzten Gebieten.
Teufelskreis ohne Lösung
Um uns nur auf dieses Jahrhundert zu beschränken – Israel fiel 2006 in den Libanon ein, in den Gazastreifen 2008 und 2009 und dann noch einmal 2012. Ziel war die Bekämpfung der Raketen der Hizbullah und der Hamas, die auf südliche und nördliche israelische Städte fielen sowie auf Territorien um die libanesische Grenze und um Gaza herum.
Alle diese israelischen Invasionen ins Nachbarland endeten mit einem Waffenstillstand, ohne dass danach die wahre Ursache des Nahostkonflikts gelöst wurde – die Besatzung. Daher kam es jetzt wiederum zu einer Invasion und einer blutigen Konfrontation.
Die Raketen hatten damals eine Reichweite von 50 Kilometern, höchstens. Sie zogen israelische Städte in der Nähe des Gazastreifens in Mitleidenschaft. In der gegenwärtigen Runde des Krieges erreichten die Raketen Tel Aviv und Haifa. Aber immer noch versuchen die Israelis, ihren Krieg damit zu rechtfertigen, diese Raketen stoppen zu müssen.
Ende von Hamas wäre nicht das Ende des Widerstandes
Die Israelis und die Weltgemeinschaft haben immer noch nicht verstanden: die Raketen sind das Symptom. Wenn die Besatzung nicht beendet wird, wird der Kampf fortgesetzt werden und sich noch intensivieren. Die Palästinenser sind wie andere Völker. Sie wollen nichts mehr als in Frieden und Sicherheit leben. Aber sie werden niemals die Besatzung und die damit verbundene Erniedrigung tolerieren.
Und selbst wenn der Widerstand der Hamas gebrochen werden sollte, wird das nicht das Ende des palästinensischen Widerstandes sein. Im Gegenteil. Die nächste Generation palästinensischer Kämpfer wird entschiedener kämpfen und mit wirksameren Mitteln. Und sicherlich werden sie mit mehr Gewalt kämpfen.
Was tut die Weltgemeinschaft?
66 Jahre des Konfliktes und das riesige Ungleichgewicht an Feuerkraft zwischen Israelis und Palästinensern hat die Palästinenser niemals abgeschreckt, ihren Freiheitskampf fortzusetzen. Massaker und die riesigen Opfer haben es nicht vermocht, sie von diesem Kampf abzuschrecken, und sie werden sich auch in Zukunft nicht abschrecken lassen.
Die Weltgemeinschaft handelt dumm, wenn sie die israelische Rechtfertigung für diesen Krieg akzeptiert. Ebenso dumm handelt sie, wenn sie Israel ermuntert, die Palästinenser unter dem Vorwand der Selbstverteidigung gegen die Raketen der Hamas anzugreifen. Die Besatzung ist die Quelle allen Übels im Nahen Osten. Und wenn diese Besatzung nicht ein Ende findet, wird der palästinensische Kampf weitergeführt.
Eine Warnung
Es ist auch dumm, einen Waffenstillstand zu suchen, ohne die wahre Ursache des Krieges zu bekämpfen. Die einzige und wahre Art, die Situation zu bewältigen und damit den elenden Kreis der Gewalt in diesem Teil der Welt zu beenden besteht darin, die Besatzung zu beenden und mit ihr alle ihre Folgen: Siedlungsbau, Belagerungen, Erniedrigung, Abriegelung von Dörfern und Städten.
Wenn das alles nicht geschieht, verschiebt die Weltgemeinschaft nur das Problem, das mit absoluter Sicherheit erneut vor ihrem Gesicht explodieren wird. Und ich bin mir bewusst, dass der nächste Krieg gewalttätiger sein wird und mit weitaus größerer Zerstörungskraft geführt werden wird. Und er wird uns allen viel näher sein, wo immer wir uns dann in der Welt gerade aufhalten.
*Adil Yahya ist Gründer und Direktor von PACE, der „Palestinian Association for Cultural Exchange“. Diese Vereinigung organisiert, u.a., Kulturreisen durch Palästina.
Adil Yahya war einer der Führer der ersten Intifada, die 1987 begann. Wie viele seiner Mitstreiter saß auch er einst in einem israelischen Gefängnis. – Übersetzung des Textes aus dem Englischen durch Heiko Flottau