Der Gewinn olympischer Medaillen durch Sportlerinnen und Sportler aus Portugal ist immer noch eine Seltenheit. Es ist also verständlich, dass der Gewinn einer jeden Medaille prompt den Staatspräsidenten auf den Plan ruft. Und natürlich freute sich Marcelo Rebelo de Sousa dieser Tage auch über einen olympischen Rekord. Insgesamt vier Medaillen hatte Portugal in Tokio gewonnen, nicht gerade viel für ein 10-Millionen-Einwohner-Land, aber doch mehr als bei irgendeiner vorherigen Olympiade.
Abfuhr für Gespenster
Mit seinem Glückwunsch an die Gewinner der Medaillen – einmal Gold, einmal Silber, zweimal Bronze - verband der Präsident indes eine Absage an Rassismus und Xenophie, sowie an „Gespenster der ethnisch-rassischen Diskriminierung“. Er bezog sich damit implizit auf – insgesamt wohl nicht sehr zahlreiche – Reaktionen in sozialen Netzwerken über die die Herkunft und Abstammung von immerhin drei der vier Medaillengewinner, die aus Sicht der Mäkler nicht portugiesisch genug waren. Portugal stehe für Vielfalt, hob der Präsident hervor.
Die Goldmedaille für Portugal hatte etwa der 28-jährige Pedro Pablo Pichardo im Dreisprung der Männer gewonnen. Pichardo stammt aus Kuba und kam erst 2017 nach Portugal, wo er sich einbürgern liess. Er sei für Kuba ein Verräter und habe mit diesem Land nichts mehr gemeinsam, sagte er nach dem Sieg in Tokio.
Als Sportlerin geehrt, als Bürgerin diskriminiert
Angolanische Wurzeln hat die 32-jährige Patrícia Mamona, die im Dreisprung der Frauen die Silbermedaille gewann. Sie kam in Portugal zur Welt, hat aber doch dunkle Hautfarbe. Ihr Name ging schon mehrmals durch die Presse, nicht nur wegen vieler sportlicher Erfolge. Im Jahr 2018 klagte sie darüber, dass ihr gemeinsam mit Freunden der Zutritt zu einer Top-Disco in Lissabon verwehrt worden sei.
Eine Bronzemedaille im Judo gewann der 28-jährige Jorge Fonseca, der in der winzigen Inselrepublik São Tomé e Príncipe zur Welt kam. Lupenrein portugiesisch-europäische Wurzeln hat nur der 32-jährige Fernando Pimenta aus der idyllischen nordportugiesischen Kleinstadt Ponte de Lima. Er gewann jetzt Bronze im Einer-Kajak über 1000 Meter. Er hatte von der 2012er Olympiade in London schon die Silbermedaille vom K2 über ebenfalls 1000 Meter nach Hause gebracht.
Ein schwarzes Idol aus alten Zeiten
Wer jetzt auf die Herkunft von Athleten sieht, blendet leicht aus, dass eines von Portugals ganz grossen Idolen des Fussballs aus Afrika kam, nämlich Eusébio da Silva Ferreira (1942–2014), schlicht als Eusébio bekannt. Mit ihm als Torjäger belegte Portugal bei der 1966er Weltmeisterschaft in England immerhin den dritten Platz. Eusébio kam aus Moçambique, das zu seiner ganz grossen Zeit allerdings noch kein souveräner Staat war, sondern – wenigstens aus Sicht von Diktator Salazar – eine Überseeprovinz, die erst 1975 die Unabhängigkeit erlangte. Schwarz war Eusébio dennoch, aber davon liess sich niemand die Freude über seine Tore für Benfica Lissabon oder die Nationalelf verderben.