Ist es Armin Laschet gelungen, das Steuer herumzureissen? Eine erste Erhebung kurz nach dem 98-minütigen Schlagabtausch weist nicht darauf hin.
Gemäss einer Umfrage von Infratest dimap schwang Scholz erneut obenauf. Auf die Frage „Wen fanden Sie am überzeugendsten?“ nennen 41 Prozent den SPD-Kanzlerkandidaten. Laschet folgt mit 27 Prozent auf dem zweiten Platz. Baerbock wird mit 25 Prozent Dritte. Zu denken geben muss Laschet, dass sein Konkurrent Scholz auch in der Kategorie der zu Beginn des Triells noch unentschiedenen Wählerinnen und Wähler gewonnen hat.
Gespannt ist man nun auf weitere, breitere Erhebungen.
Zu retten, was noch zu retten ist
Für Laschet ging es um viel, viele sagten: um alles. Die „Bild“-Zeitung bezeichnete das Triell als Laschets „Endspiel“.
In den Meinungsumfragen dümpelt seine CDU hinter der SPD. Und er selbst liegt weit hinter dem SPD-Kandidaten Olaf Scholz zurück.
Die Zuschauerinnen und Zuschauer erlebten am Sonntagabend einen draufgängerischen Laschet, vor allem am Anfang. Ihm war nachgesagt worden, er führe einen Wahlkampf „im Schlafwagen“. Das hat ihm in den Umfragen schlechte Ergebnisse gebracht.
Laschet hatte diesmal die Aufgabe, aus dem Schlafwagen auszusteigen und anzugreifen. Das tat er denn auch, vor allem zu Beginn des Triells, auch wenn seine Argumente nicht immer hieb- und stichfest waren.
Für ihn ging es darum, zu retten, was noch zu retten ist. Seine aufsässige Art während des Triells führte ab und zu auch dazu, dass er unsympathisch wirkte. Dies machte die vom ZDF nach der Sendung ermittelte Blitzumfrage deutlich. Bei der Frage, wer am sympathischsten war, lag er klar auf dem letzten Platz. In dieser Kategorie schwang die Grüne Annalena Baerbock obenauf. Sie trat locker und freundlich auf und schoss einige giftige Pfeile Richtung Laschet und Scholz. Sie wirkte, wie der Spiegel kommentiert, zwischen den beiden streitenden Männern „wie die Stimme der Vernunft und des wahren Wandels“.
98 Minuten Schlagabtausch
Laut ersten Erhebungen haben fast 12 Millionen Menschen das Triell verfolgt.
Neu war, dass sich Laschet klar von der Merkel-Politik absetzte, zum Beispiel bei der Rente oder der Digitalisierung. Seine Botschaft war: Wenn ihr Scholz wählt, geht die Merkel-Politik weiter. Und das wollen wir nicht.
Scholz wurde inhaltlich gefordert. Das führte dazu, dass der „Scholzomat“ erstmals bei einer Wahlkampfdiskussion lebendig und angriffig wirkte. In der anschliessenden Diskussion bei Anne Will wurde gesagt, Scholz sollte Laschet dankbar für seine Angriffe sein. So wirkte Scholz plötzlich menschlich, was ihm – wieder nach ZDF-Blitzumfrage – Sympathien eintrug. Doch auch wenn Scholz ab und zu aus der Defensive gedrängt wurde, wirklich aus der Ruhe gebracht wurde er nicht.
Zum ersten Mal stritten Laschet und Scholz direkt über wichtige Themen der Bundesrepublik: über die Klimapolitik, über Steuern, das Gesundheitswesen und die explodierenden Mieten.
Bei Anne Will wurde auch betont, dass die meisten Meinungen offenbar schon vor dem Triell gemacht waren, und dass solche Diskussionen wenig Einfluss auf die Meinungsbildung haben.
Ende August hatte das erste Triell stattgefunden. Es war von RTL und ntv übertragen worden und brachte Armin Laschet nicht die ersehnte Trendwende. Ein drittes und letztes Triell wird ProSiebenSat1 am kommenden Sonntag, 19. September, übertragen.
Die Bundestagswahl findet in zwei Wochen, am 26. September, statt.
Alles offen?
Meinungsforscher betonten vor dem Triell, dass das Rennen offen sei. Meinungsumfragen seien nur eine Momentaufnahme und keine Prognose. Das betont vor allem die zurückliegende CDU. Die SPD hingegen behauptet, ausnahmslos alle Umfragen zeigten seit Wochen einen klaren Trend, der auf einen Sieg der SPD hinweise. Der Wahltag wird zeigen, wer recht bekommt.
Die letzten, vor dem Triell erhobenen Meinungsumfragen ergeben folgendes Bild:
(J21)