Erst war der Streit um die Kosten des Altars für den Auftritt des Papstes beim Weltjugendtag, den der Vatikan für August nach Lissabon einberufen hat. Zu diesem Anlass hat der Vatikan jüngst auch eine Briefmarke lanciert, diese aber wegen heftiger Kritik schnell aus dem Verkehr gezogen.
Auf Lissabons Denkmal der Entdeckungen nimmt eigentlich der Infant Dom Henrique («Heinrich der Seefahrer», 1394–1460) den vordersten Platz ein. Unter ihm begann ja vor gut 600 Jahren der Aufbruch des Landes zu neuen Ufern. Auf einer vom Vatikan lancierten Briefmarken musste der Nationalheld kürzlich aber Papst Franziskus weichen. Anlass für die Herausgabe dieser Marke war der katholische Weltjugendtag, der vom 1. bis 6. August in Lissabon stattfinden soll und zu dem sich Franziskus selbst angekündigt hat. Aber die Marke stiess auf heftige Kritik – und das nicht etwa, weil der Papst den Nationalhelden offenbar in den vorbeifliessenden Tejo-Fluss gestossen hatte.
Ein kritischer Blick auf die Kolonialzeit
Sehr harte Worte fielen prompt auch in den sozialen Netzwerken, ist dieses Denkmal – 1960 zum 500. Todestag des Infanten in seiner heutigen Form eingeweiht – doch umstritten. Wer es von der Seite betrachtet, sieht die Segel und den Bug einer Karavelle mit den Statuen von Henrique und 31 anderen wichtigen Figuren aus der Ära der Entdeckungen, zur Würdigung der kollektiven Anstrengung, die Portugals Aufstieg zur Weltmacht ermöglichte. Kritiker sehen das Denkmal indes auch als propagandistisches Überbleibsel aus der Zeit des Diktators Salazar, der von 1932 bis 1968 ein faschistisches Regime führte und dieses Monument aufstellen liess.
Die Kritik reflektiert das kritische Augenmerk, das heute der Geschichte der Entdeckungen und des Kolonialismus in Afrika, Asien und Südamerika gilt. Zu dieser Geschichte gehören insbesondere auch die Sklaverei und nicht zuletzt die erbitterten afrikanischen Kolonialkriege der Jahre 1961–1974, mit denen das Regime vergeblich versuchte, die letzten Reste des Weltreichs zu halten. Diese Kriege fanden erst mit der Nelkenrevolution von 1974 ihr Ende, und Portugal musste seinen letzten afrikanischen Kolonien letztlich doch die Unabhängigkeit gewähren.
Marke mit Sammlerwert?
Auf der Marke stand ganz vorn also Papst Franziskus, gefolgt von jungen Leuten und Kindern, die eine portugiesische Fahne schwenken. Er wollte sie in die Zukunft führen, verlautete aus dem Vatikan. Mehr als eine Million junge Leute aus aller Welt dürften zum Weltjugendtag in die portugiesische Hauptstadt strömen. Und die Stadt Lissabon tut alles, um den Erfolg des Ereignisses zu sichern – etwas zu viel, ist gar zu hören. Eine Welle der Empörung schwappte zu Jahresbeginn über das Land, als ans Licht kam, dass sich die Stadt den Bühnenaltar für den wichtigsten Auftritt des Papstes über fünf Millionen Euro kosten lassen wollte. Nun soll der Altar kleiner ausfallen – und deutlich weniger kosten.
Jetzt kam die Polemik um die Briefmarke, die der Vatikan mit einer raschen Reaktion auf die Kritik letzte Woche aus dem Verkehr zog. Er will eine neue Marke herausgeben. Vielleicht reiben sich jetzt die Sammler ebenso die Hände wie einst Monarchen über die reichen Mitbringsel der Seefahrer aus Übersee, denn die aus dem Verkehr gezogene Marke dürfte Seltenheitswert haben.