Auch die SPD hat wiederholt von ihrem Markenkern gesprochen. Auf den ersten Blick scheint völlig klar zu sein, was damit gemeint ist: Die Parteien wollen jene Werte, Prinzipien und Programme wieder klarer herausarbeiten, für die sie unverwechselbar zu stehen glauben. Das wird ihnen aber nicht gelingen, wenn sie weiter vom „Markenkern“ schwafeln.
Denn der Begriff „Marke“ hat mit Politik gar nichts zu tun. Er stammt aus der Wirtschaft und bezieht sich in erster Linie auf Produkte. Produkte einer bestimmten Marke zeichnen sich idealerweise durch unverwechselbares Design und bestimmte Qualitäten aus. Der Kunde soll wissen, was er kauft, wenn er sich für eine bestimmte Marke entscheidet.
Marken sind dann erfolgreich, wenn kreative Individualisten Ideen hervorbringen, die bei den Käufern auf Resonanz stossen. Heutzutage werden kreative Individualisten gerne durch Marktforschung ersetzt, um das Risiko von Innovationen zu mindern. Deswegen wird aus der Vielfalt der Marken ein immer öderes Einerlei.
In dieser Hinsicht ähnelt die Markenpolitik jenen politischen Strategien, die sich ganz auf Wählerbefragungen stützen. Auf dieser Schwundstufe des Politischen wird besonders deutlich, woran die Profillosigkeit der Parteien liegt: Wer Politik nur „verkaufen“ will, anstatt für seine tiefsten Überzeugungen einzutreten, verwechselt politische Verantwortung mit Marketing.
Im deutschen Grundgesetz steht, dass die Parteien an der politischen Willensbildung des Volkes mitwirken. Wähler sind also keine mehr oder weniger zufriedenen Kunden, deren Kaufentscheidungen man steuern will. Wähler sind Bürger mit einem politischen Willen, den sie in Wahlentscheidungen zum Ausdruck bringen. Sie lassen sich nur von Politikern überzeugen, die selbst von etwas überzeugt sind und nicht bloss auf Kundenfang gehen.