Nach mir vorliegenden Informationen verfügt Ghadhafi über rund 100 MiG-21 bis 23, 15 Mirage F-1 und cirka 40 Suchoi-22 Jagdbomber. Alles ältere Modelle, die grösstenteils schon dreissig Jahre auf dem Buckel haben.
Die Rebellen müssten mit Stinger-Raketen beliefert werden
Aber selbst wenn davon nur noch konservativ geschätzt ein Drittel die Flügel in die Luft kriegt, garantiert ihm das die völlige Lufthoheit. Noch gefährlicher sind die russischen Kampfhubschrauber vom Typ Mil Mi-24, von diesen «fliegenden Panzern» wurden mindestens 25 in der Exportversion Mi-25 an Libyen geliefert.
Es ist auch sehr wahrscheinlich, dass sich weder die Nato noch die Uno rechtzeitig auf eine Flugverbotszone à la Irak verständigen werden, und da der Ghadhafi-Clan bereit ist, zur Niederschlagung des Aufstands Kollateralschäden in beliebiger Höhe in Kauf zu nehmen, ist das Schicksal der Rebellen eigentlich besiegelt.
Ausser, und das lässt tiefe Zweifel an den markigen Worten aller westlichen Regierungschefs aufkommen, man würde die Kämpfer gegen Ghadhafi mit FIM-92 Stingers ausrüsten. Zur Erinnerung: In den 1980er-Jahren lieferten die USA rund 2000 Stück dieser Luftabwehr-Rakete an afghanische Widerstandskämpfer, die damit die Luftherrschaft der Sowjets brachen, was wohl ein entscheidender Faktor für den Rückzug der damaligen Weltmacht war.
Zynisches Szenario
Eine Stinger hat eine Trefferquote von über 80 Prozent, funktioniert nach dem «fire and forget»-Prinzip, ist von jedem Laien nach kurzer Einweisung bedienbar und kostet pro Stück unter Brüdern nicht mehr als 100 000 Franken. Mit ihrem Einsatz, vielleicht ergänzt um noch billigere und einfachere Panzerfäuste, wäre schnell eine Waffengleichheit zwischen den Rebellen und der Diktatur hergestellt. Kampfmoral, Mut und die Unterstützung durch eine Mehrheit der Bevölkerung wären dann die einzig entscheidenden Faktoren für Sieg oder Niederlage.
Aber manche Anzeichen deuten darauf hin, dass die meisten westlichen Regierungen hinter der Fassade wohlfeiler Worte auf Plan B setzen. Sollte Ghadhafi siegen, werden die gesperrten Auslandkonten begleitet von bedauernden Geräuschen wieder freigegeben, damit die ersten in Tripolis anreisenden Handelsdelegationen bei Verhandlungen in Ghadhafis Zelt auch wissen, wo sie die Honorare für ihre angebotenen Dienstleistungen abbuchen können.
Wie gehabt?
Für die Weltöffentlichkeit werden die Staatenlenker einen Optimierungsbedarf in Sachen Menschenrechte und Demokratie anmahnen. Und die Ankündigung des Diktators begrüssen, dass es eine schonungslose Untersuchung allfälliger Übergriffe im Verlauf der Niederschlagung eines Angriffs von drogensüchtigen Fundamentalisten und Terroristen geben wird.
Vielleicht wird Ghadhafi auch noch ein, zwei Milliarden an Hinterbliebene spenden, das hat ja schon mal bestens geklappt.