Zwar hat man diesen Ausdruck bislang vermieden, doch Theresa May wurde bei ihren Treffen mit den Regierungschefs der EU schon mehrfach an eine Art Katzentisch verbannt. Wenn nach den offiziellen Verhandlungen das Essen aufgetragen wurde, durfte sie nicht dabei sein und musste ihr Mahl, wenn sie nicht ganz abreiste, in einem Nebenraum einnehmen.
„Katzentisch“ war im 17. Jahrhundert eine scherzhafte Bezeichnung für den Fussboden. Dort frassen die Katzen die Abfälle, die ihnen eine mehr oder weniger lustige Tischgesellschaft zuwarf. Gemeint waren damit aber auch niedrige Tische abseits des Haupttisches, an denen Kinder zur Strafe essen mussten. Wenn ein Kind lustlos in seinem Essen herumstocherte oder es verschmähte, landete es am Katzentisch. Damals hat noch niemand an die Briten gedacht, denen das europäische Menü nicht munden mag, die aber auch kein eigenes kochen können.
Der Katzentisch markiert sozialen Ausschluss, wenn nicht sogar Ächtung. Schon die Tischordnung sagt etwas über Ränge aus. Wer aber nicht einmal mit am Tisch sitzen darf, ist aus der Rangordnung gefallen. Manche behaupten, der Katzentisch sei eine Erfindung der Klöster. Dort sollte zwar alles im Zeichen der Demut geschehen, aber so gross war die Demut dann doch wieder nicht, dass man nicht hin und wieder jemanden an den Katzentisch verbannt hätte.
Auch in Restaurants oder Kneipen gibt es Katzentische. Das sind jene Tische, an denen niemand sitzen will, denn dort herrschen Durchzug, Gedränge oder ein ständiges Kommen und Gehen in Richtung Toilette. Wen es dorthin verschlägt, der hat nicht nur das Pech des mangelndes Komforts. Die mitleidigen Blicke der anderen Gäste verraten ihm, dass es mit seiner Durchsetzungsfähigkeit wohl nicht allzu weit her ist.
Noch deprimierender sind die Katzentische in Unternehmen. An ihnen landen jene, die ihren früheren Einfluss verloren haben, die man aber nicht gleich ganz loswerden kann: ehemalige Manager, Eigentümer oder Teilhaber, denen irgendwann mal ein Bleiberecht zugestanden worden ist. Sie haben dann irgendwo ein Büro – oft in verdächtiger Nähe zur Toilette – zumindest aber ohne Fenster. Sie leben in einer Zwischenwelt zwischen Anwesenheit und Abwesenheit. Womit wir wieder bei den Briten wären.