Im deutschen Bundesland Sachsen ist in diesen Tagen eine Familie nach Georgien abgeschoben worden, die in jeder Weise gut integriert war. Sie lebte seit 2013 in Deutschland, die Kinder waren gute Schüler, die Mutter arbeitete in Teilzeit als Dolmetscherin bei der Caritas und als Haushaltshilfe, der Vater war Pfleger. Alle sprechen Deutsch. Als die Polizei anrückte, waren gut 100 Nachbarn und Kollegen zur Stelle, um sich gegen das Vorgehen der Polizei zu stellen. Aber der Widerstand war vergeblich.
Immer wieder kommt es nicht nur in Deutschland zu Abschiebungen von Ausländern, die sich über Jahre so gut integriert haben, wie es besser kaum geht. Aber es fehlt ihre rechtliche Anerkennung als Asylanten. Mittlerweile beschweren sich ganz besonders in Baden-Württemberg Meister und Inhaber mittelständischer Handwerksbetriebe, dass ihnen wieder und wieder Fachkräfte verloren gehen, die sie ausgebildet haben und auf die sie angewiesen sind.
Kritiker weisen darauf hin, dass gut integrierte Familien für die Ausländerbehörden und die Polizei leichter zu greifen sind als Kriminelle, die möglicherweise untergetaucht sind. Mit anderen Worten: Es ist gefährlich, ordnungsgemäss gemeldet zu sein und über ein Namensschild am Briefkasten und an der Türklingel zu verfügen. Auch Behörden neigen offenbar zum Weg des geringsten Widerstandes.
Das Problem liegt aber tiefer: Auf der einen Seite gibt es Gesetze, in denen festgeschrieben ist, unter welchen Bedingungen Asylanten in Deutschland – sinngemäss aber auch in anderen Aufnahmeländern – bleiben dürfen und unter welchen Bedingungen sie das Land wieder verlassen müssen. Aus diesen Gesetzen gehen die Verordnungen und Vorschriften hervor, nach denen sich die Behörden zu richten haben. Dort möchte niemand eine Dienstaufsichtsbeschwerde oder andere Massnahmen riskieren. Also wird auch dann abgeschoben, wenn sich der gesunde Menschenverstand, von Mitgefühl gar nicht zu reden, eigentlich dagegen sperren müsste.
Ist es zwar Wahnsinn, so hat es doch Methode. Gesetze sind dazu da, dass sie umgesetzt werden. Der Gesetzgeber kann Ausnahmeregelungen beschliessen, und die Behörden haben einen Ermessensspielraum. Kritiker bemängeln, dass dieser zu wenig genutzt wird. Aber das Dilemma bleibt. Es liegt in einer starren Mechanik, gegen die nur punktuell, etwa mit Hilfe des – sehr umstrittenen – Kirchenasyls anzukommen ist. Diese Feststellung aber gibt keinen Anlass zur Beruhigung.
Denn wenn es nicht ganz untypisch ist, dass allzu häufig «die Falschen» abgeschoben werden, wie selbst konservative Kreise bemängeln, dann muss intensiver darüber öffentlich diskutiert werden, worin Korrekturmöglichkeiten bestehen. Niemand kann ein Interesse daran haben, dass staatliches Handeln derartig kontraproduktiv ist wie bei den Abschiebungen von Asylanten, die ein Gewinn für die Gesellschaft wären.