Matteo Salvini ist angeschlagen. In den Umfragen hat er innerhalb eines Jahres zehn Prozent Zustimmung verloren. Auf der Skala der beliebtesten italienischen Politiker ist er auf den neunten Platz abgerutscht. Seine populistischen Phrasen zünden immer weniger.
Bei Ausbruch der Corona-Pandemie gab er ein klägliches Bild ab. Wie Trump und Bolsonaro sprach er von einem „Grippchen“ und machte sich über die Maskenpflicht lustig. Den Lockdown bezeichnete er als „terroristisches Komplott“ der Regierung, um die Leute daran zu hindern, auf den Strassen für ihn und gegen die Regierung zu protestieren. Die Lega, die sich gegen eine Abriegelung betroffener Gebiete gesträubt hatte, ist zu einem grossen Teil für den heftigen Ausbruch der Pandemie in Norditalien verantwortlich.
Jetzt beschäftigt sich auch die Justiz mehr und mehr mit Salvini. Drei hohe Lega-Beamte, die enge Beziehungen zum Lega-Chef haben, werden beschuldigt, Hunderttausende Euro öffentlicher Gelder veruntreut zu haben. Nicht genug: Am 3. Oktober beginnt in Catania ein Prozess gegen ihn wegen Freiheitsberaubung und Amtsmissbrauchs. Er hatte dem Flüchtlingsschiff „Open Arms“ mit 130 Migranten an Bord sechs Tage lang das Anlegen in einem italienischen Hafen verweigert. Der Senat hob seine Immunität auf, eine Demütigung sondergleichen.
Jetzt droht ihm im rechten Parteienspektrum ernsthafte Konkurrenz. Während seine Lega bei rund 25 Prozent dahindümpelt, profiliert sich auf der rechten Seite Giorgia Meloni, die laute Chefin der postfaschistischen „Fratelli d’Italia“ immer mehr. Sie greift Salvini immer härter frontal an. Ihre Partei liegt schon bei 16 Prozent. Vieles deutet darauf hin, dass sie die neue Anführerin der italienischen Rechten wird. Für Salvini ist dann kaum noch Platz.
Bereits haben ihn viele seiner Getreuen fallen lassen. Mehrere Parteisektionen haben sein Bild aus dem Logo der Partei entfernt. Zudem droht er ernsthafte innerparteiliche Konkurrenz zu erhalten.
Die kommenden Tage könnten entscheidend für den Lega-Chef sein. In sechs italienischen Regionen (und der autonomen Region Aostatal) finden am Sonntag und Montag Regionalwahlen statt. Die Augen richten sich vor allem auf Venetien, Apulien und die „rote“ Toskana.
In der Region Venetien kandidiert der geachtete Lega-Gouverneur Luca Zaia – ein pures Gegenstück zu Salvini. Er ist kein Schreihals, hatte die Corona-Gefahr schnell erkannt und sie mit einer rigorosen Politik in den Griff bekommen. Zaia kandidiert – zum Schrecken Salvinis – auf einer eigenen Liste – und nicht auf der offiziellen Lega-Liste. Würde Zaia 70 oder 80 Prozent der Stimmen erhalten, was im Bereich des Möglichen liegt, wäre das eine schallende Ohrfeige für Salvini. Vielleicht wird Zaia bald einmal Salvini als Lega-Parteichef beerben.
Die Wahlen in der Toskana haben hohen Symbolwert. Die Region ist eine Hochburg der Linken. Gelingt es der Lega, diese Hochburg zu schleifen?
Salvini geht mit der 33-jährigen Europa-Abgeordneten Susanna Ceccardi ins Rennen, die einen aggressiven Wahlkampf gegen den eher ruhigen Sozialdemokraten Eugenio Giani führte. Ceccardi, eine feurige Anhängerin des Lega-Chefs, steht klar auf dem rechten Flügel der ohnehin schon rechten Partei. Unterstützt wird sie auch von der rechtsextremen Forza Nuova.
Würde sie gewählt, gäbe das Salvini neuen Schwung. Viele seiner Niederlagen der letzten Monate würden dann vergessen. Und wenn der Sozialdemokrat das Rennen macht? Dann wäre Salvini arg lädiert. Seine parteiinternen Gegner hätten dann Aufwind. Wird die Toskana Salvinis „Waterloo“? Die Meinungsumfragen sagen ein Kopf-an-Kopf-Rennen voraus.
Siehe auch:
Wird die rote Toskana schwarz?
Giorgia Meloni: Shooting Star