Der Schweizer Medienpreis der gemeinnützigen Stiftung Reinhard von Graffenried wird seit 1986 verliehen. Er ist mit 140’000 Schweizer Franken jährlich ausgestattet. Neben Fotografien aus den Kategorien Aktualität, Alltag, Schweizer Geschichten, Porträt, Sport und Ausland werden auch Beiträge von Text-, Online-, Audio-, Video- und Lokaljournalisten ausgezeichnet. Alle Texte im jetzt erschienenen Swiss Press Jahrbuch 2021 sind in den drei Landessprachen Deutsch, Französisch, Italienisch und zusätzlich in Englisch abgefasst.
Zwei Bücher in einem
Genau genommen handelt es sich bei dem Band bei Steidl um zwei Bücher in einem. Etwas mehr als die Hälfte nimmt die Fotografie ein. Der zweite kleinereTeil ist den anderen Disziplinen des Journalismus gewidmet. Um diese beiden Teile klar voneinander zu unterscheiden, wurde bei der Gestaltung zu einem ungewöhnlichen Mittel gegriffen: beide Teile stehen seitenverkehrt zueinander. Kommt man an das Ende des Foto-Teils, trifft man seitenverkehrt auf das Ende des Journalismus-Teils. Man muss das Buch also umdrehen und kann dann vom anderen Ende an mit dem Lesen beginnen.
Das ist eigenwillig. Doch wollten der Herausgeber, Michael von Graffenried, und der Verleger, Gerhard Steidl, damit offensichtlich die Eigenständigkeit dieser beiden Seiten des gegenwärtigen Medienbetriebs betonen. Man darf gespannt sein, ob sie das im kommenden Jahr wieder so machen werden.
Bestechend ist die vorzügliche Druckqualität und überhaupt die sorgfältige Gestaltung jeder einzelnen Seite. Die Fülle an Bildern und Texten ist so untergebracht, dass sie sich bewältigen lässt. Und der Wechsel der Bildformate schafft Haltepunkte.
Das Jahrbuch zieht nicht nur eine Bilanz der Qualität journalistischer Beiträge, sondern ist zugleich eine Art Chronik, allerdings nicht in einer kalendarischen Abfolge. Es sind nicht die wichtigsten einzelnen Ereignisse, die die Inhalte bestimmen, sondern vielmehr dasjenige, was das Jahr geprägt hat. Dabei ist das Thema Corona beherrschend.
Die Pandemie wirkte sich auf die Politik aus und prägte nahezu alle Lebensbereiche. Es ist nicht nur dem Einfallsreichtum und der Qualität der Fotos zu verdanken, dass eine Sequenz von Sarah Carp über den Rückzug in die eigene Wohnung am Anfang des Bandes über Fotografie steht. Diese Serie erlangte die Auszeichnung als «Swiss-Press Foto des Jahres».
Eindrucksvoll sind auch die journalistischen Leistungen in den anderen Disziplinen. Themen wie Umwelt, Sexualität oder Armut in der Schweiz werden überzeugend dargestellt. Man bekommt den Eindruck, dass die journalistische Qualität nicht abnimmt, auch wenn sich Stile und Darstellungsweisen verändern.
Dem Jahrbuch «Swiss Press Award 21» kommt das grosse Verdienst zu, diese Vielfalt des Journalismus in Gestalt eines Buches zu präsentieren. Gedruckte Bilder und Texte wirken anders, als wenn sie online abgerufen werden. Diese Möglichkeit besteht unter https://swisspressaward.ch/ zwar auch. Aber das Jahrbuch ist ein bleibendes Zeitdokument.
Swiss Press Award. Yearbook. Göttingen: Steidl Verlag, 2021. 30 Euro