Die «Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs», ein gemeinnütziger Verein, dem 800 Verbände und 1200 Unternehmen der deutschen Wirtschaft angehören, hat zwölf Firmen abgemahnt, weil sie in ihrer Produktwerbung den Begriff «klimaneutral» in irreführender Weise verwenden.
Während der Verbraucher annimmt, dass die Produkte dieser Unternehmen ohne Schädigung des Klimas hergestellt werden, läuft im Hintergrund eine ganz andere Rechnung. Demnach nutzen diese Firmen die Möglichkeiten des Emissionshandels. Der erlaubt es, in Projekte anderer Länder zu investieren, die gut für das Klima sind, die Aufforstung von Wäldern zum Beispiel. Für diese Investitionen gibt es Umweltzertifikate. Damit ist es möglich, den Schaden, den die eigene Produktion anrichtet, mit dem zertifizierten Nutzen abzugleichen. Kauft ein Unternehmen genügend Zertifikate, sind die Produkte «klimaneutral».
Das ist aber nicht das, was Verbraucher unter «klimaneutral» verstehen, wenn mit diesem Begriff geworben wird. Denn der Begriff suggeriert, dass die Produktion selbst ohne Schadstoffemissionen in die Atmosphäre abläuft. Deswegen hat die Wettbewerbszentrale jetzt zum Mittel der Abmahnung gegriffen und dafür Beifall von Umweltschützern, Verbrauchern und einzelnen Unternehmen bekommen.
Das ist ein wichtiger erster Schritt. Aber er reicht bei weitem nicht aus. Denn die gesamte Diskussion über klimafreundliche Energieerzeugung, Produktion oder Mobilität krankt daran, dass immer nur Ausschnitte im Lebenszyklus von Produkten in den Blick genommen werden. Wenn man zum Beispiel bei E-Autos nur die wenigen Kilometer in Rechnung stellt, die sie zwischen zwei Ladesäulen zurücklegen, dann ist die Klimabilanz fabelhaft. Rechnet man aber noch die Umweltbelastungen hinzu, die mit der Gewinnung der Rohstoffe für die Batterien einhergehen, fällt die Rechnung ernüchternd aus. Und dann kommt noch das Thema der Entsorgung hinzu.
Das Gleiche gilt auch für erneuerbare Energien. Die Herstellung und am Ende die Entsorgung eines Windkraftwerks sollte als Belastung zu den an sich begrüssenswert ökologischen Phasen der Stromerzeugung hinzugerechnet werden. Ähnlich die Photovoltaik. Auch hier machen Experten darauf aufmerksam, dass die benötigten Rohstoffe Fragen aufwerfen können.
Anstatt, wie es jetzt Mode geworden ist, mit immer neuen Zahlen zu wetteifern, ab wann der CO2-Ausstoss um wieviel Prozent zurückgegangen sein soll, wäre die Erstellung von Bilanzen gesamter Lebenszyklen essentiell wichtig, damit die Diskussion sachlich und ehrlich geführt wird. Dazu kann die Einsicht gehören, dass es kein klimaneutrales Verhalten gibt und dass auch die Belastungen der Umwelt im Blick behalten werden sollten. Aber ganz sicher kann sich jeder Einzelne zwischen mehr oder weniger schädlichen Lebensstilen entscheiden. Das würde auch zur Versachlichung der Diskussionen beitragen.