Rund die Hälfte der Schweizer Bevölkerung will sich gegen Covid-19 impfen lassen. 27 Prozent sagen ja, 26 Prozent «eher ja». Das hat eine Befragung von «Tages-Anzeiger» und «20 Minuten» Anfang Dezember ergeben. Bei Männern sind es mehr Zustimmende, bei Frauen weniger; Ältere zeigen grössere Bereitschaft als Jüngere.
Offenbar ist seither die Impfbereitschaft etwas gestiegen. Sie erreicht aber nicht die rund 70 Prozent, die nach epidemiologischen Schätzungen nötig wären, um die strengen Schutzmassnahmen entbehrlich zu machen.
Es gibt eingeschworene Gegner, die sich jeder Impfung verweigern. Das geschieht aus weltanschaulichen oder religiösen Gründen, manchmal auch aus einem tiefen allumfassenden Misstrauen heraus. Sie umstimmen zu wollen, dürfte aussichtslos sein. Doch ihre Zahl ist nicht so gross, dass sie das Impfziel gefährden könnten.
Bleiben noch die Impfskeptiker und Bedenkenträger. Sie misstrauen der klaren Evidenz des überwältigenden Nutzens von Impfungen oder glauben an eine Verschwörung von Big Pharma. Vielleicht stimmt sie im Fall der jetzigen Impfkampagne die sensationell schnelle Entwicklung und Zulassung der Covid-19-Vazkine misstrauisch. Auf sie dürfte der Löwenanteil der Nein- und Eher-nein-Aussagen entfallen. Und sie müssen gewonnen werden, um das Ziel der 70 Prozent Geimpften zu erreichen.
Bis jetzt hat die Politik defensiv auf Impfgegner und -skeptiker reagiert. Man beeilte sich zu betonen und wiederholte es immer wieder, es werde ganz sicher keinen Impfzwang geben. Die unausgesprochene Botschaft dabei war: Die Impfung zu verweigern, ist auch in Ordnung. – Unter den zahlreichen kommunikativen Fehlern in der Corona-Politik könnte sich dieser am Ende als der schlimmste herausstellen.
Die offizielle Ansage zur Impfung muss eine andere sein. Man soll sie zwar nicht für obligatorisch erklären, weil dies vermutlich den Widerstand schüren würde. Aber es ist unumgänglich, dass vom Bundesrat bis zu den kantonalen Gesundheitsdepartementen ohne Wenn und Aber dazu aufgerufen wird, sich impfen zu lassen. Gegen die Unvernunft hilft defensives Verhalten nicht. Die Impfkampagne braucht eine Kommunikation, die Klartext redet.
Zu solcher Klarheit gehört auch, dass von politischer Seite allen Gastro-, Reise-, Kultur- und Eventveranstaltern, die den Zutritt an einen Impfnachweis binden wollen, der Rücken gestärkt wird. Das Gejammer wegen einer angeblichen Zweiklassen-Gesellschaft ist Unsinn. Denn eine Zweiklassen-Gesellschaft, in der jeder selber wählen kann, welcher Klasse er angehören will, ist keine.