„Ungebildet“, sagte man früher, aber heute geht das nicht mehr. Denn das Wort klingt wie eine negative Wertung. Also sagt man „bildungsfern“.
Ungewollt suggeriert dieses Wort die Vorstellung von einer Art Insel, auf der es Bildung gibt und auf der sich die Gebildeten tummeln. Die Bildungsfernen treiben irgendwo im Ozean des Nicht-Wissens.
Ehrlicher und präziser wäre es, das alte Wort von der Unbildung zu benutzen. Denn darin stecken viel mehr Differenzierungsmöglichkeiten. So kann jemand musikalisch ungebildet sein, aber über eine hohe Bildung auf einem anderen Gebiet verfügen.
Zudem wandelt sich die Kultur. Früher galt naturwissenschaftlich-technisches Wissen nicht als Bildung. Heute wird dieses Wissen eher als Bildung anerkannt, aber es besteht nach wie vor ein akademischer Dünkel gegenüber denjenigen, die die Technik in der Praxis anwenden.
Die Wertung „ungebildet“ verweist immer auch auf den, der sie vornimmt. Er gerät unter Rechtfertigungsdruck. Wie kommt er dazu, jemand anderen als ungebildet zu bezeichnen? Am Ende kann er der Blamierte sein, an dem der Zug der Zeit vorbeigefahren ist.
Unter den „Bildungsfernen“ versteht man natürlich diejenigen, die schon an elementaren Kulturtechniken scheitern. Aber das Wort bildungsfern, das aseptisch-neutral klingen soll, zieht eine Grenze, die man eigentlich vermeiden wollte.