Gesenkter Blick: Der neue britische Schatzkanzler will vieles, was Premierministerin Liz Truss lauthals versprochen hatte, über den Haufen werfen. Steuern würden steigen, sagte Jeremy Hunt. Staatsausgaben müssten gesenkt werden.
Damit hat Hunt die Notbremse gezogen. Wichtige Ecksteine in der versprochenen Wirtschaftspolitik von Truss haben sich in wenigen Wochen in nichts aufgelöst.
«Die Steuern werden nicht so stark sinken, wie die Menschen gehofft haben (und wie Truss versprochen hatte), und einige Steuern müssen sogar erhöht werden», sagte Hunt. Damit fällt er Truss, die um ihr politisches Überleben kämpft, in den Rücken.
Liz Truss, die erst seit 39 Tagen Premierministerin ist, steht bereits unter starkem Druck innerhalb der eigenen Partei.
Hunt sagte, die Regierung von Frau Truss habe «Fehler» gemacht. «Es war falsch, den Spitzensteuersatz für die Spitzenverdiener zu senken, und das in einer Zeit, in der wir von allen Menschen Opfer verlangen müssen, um eine sehr schwierige Zeit zu überstehen». Alles werde jetzt «in Ordnung» gebracht. Truss hat offenbar nicht mehr viel zu sagen.
Einen Monat nach Amtsantritt musste die neue Premierministerin in einer Nacht-und-Nebelaktion ihren arroganten Schatzkanzler Kwasi Kwarteng entlassen und ihn durch Jeremy Hunt ersetzen, einen früheren Aussenminister. Der Schatzkanzler (Wirtschafts- und Finanzminister) ist der zweitwichtigste Mann in der britischen Regierung.
Truss habe den «schlechtestmöglichen Start» einer britischen Regierung hingelegt, erklärten einflussreiche Medien. Ihr Image ist schon wenige Wochen nach der Wahl schwer angekratzt. Der Handlungsspielraum von Truss scheint zur Zeit sehr begrenzt zu sein. CNN schreibt: «Liz Truss remains in office, but not in power.»
Während Liz Truss schwer angeschlagen ist, steigen die Popularitätswerte der oppositionellen Labour-Party drastisch an. Seit der Wahl von Truss erleben die Konservativen einen dramatischen Absturz. In den jüngsten «Poll of Polls» liegt Labour zurzeit bei 50 Prozent, die Konservativen von Liz Truss bei 24 Prozent. Die Tage der jetzigen Premierminister könnten bald einmal gezählt sein. «Besser ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende», lassen britische Politiker verlauten.