In Genf wurden sie „die magischen Fünf“ genannt. Die „Gruppe 5“ bestand neben Goretta aus Alain Tanner, Jean-Louis Roy, Michel Soutter und Yves Yersin.
Goretta gehört zu jenen, die in den Sechziger- und Siebzigerjahren dem neuen Schweizer Film das Terrain bereiteten und ihm das Gepräge gaben. Seine Hauptfiguren waren meist einfache, kleinbürgerliche, oft gescheiterte Menschen, die er mit viel psychologischem Einfühlungsvermögen porträtierte. Und nie fehlte eine Portion Schalk. Der Genfer Schriftsteller Georges Haldas, ein Freund Gorettas, nannte ihn „den Biografen der kleinen Leute“.
„Nice Time“
Goretta, Regisseur und Produzent, kann auf ein reichhaltiges, preisgekröntes Werk zurückblicken.
Schon in den Fünfzigerjahren hatte der Jurist Goretta mit Alain Tanner an der Universität Genf einen Filmklub gegründet. 1957 drehten die beiden den 20-minütigen Kurzfilm „Nice Time“, der das nächtliche Leben am Londoner Piccadilly Circus einfängt. Der Film wurde in Cannes gezeigt, erhielt einen Preis und erntete viel Lob.
Lange Jahre arbeitete Goretta beim Westschweizer Fernsehen als Produzent zahlreicher Dokumentarfilme. Daneben realisierte er Filme wie „Le fou“ (1970). Die Schweizer Filmkritikervereinigung zeichnete diesen Streifen als besten Film des Jahres aus. Es folgte „Le jour des noces“ (1971) nach einer Novelle von Guy de Maupassant und „L’invitation“ (1973). Dieser Film erhielt in Cannes den Spezialpreis der Jury.
„La dentellière“
Zu seinen wichtigsten Filmen gehört „La dentellière“ (Die Spitzenklöpplerin). Die Hauptrolle spielte die damals noch wenig bekannte Isabelle Huppert. Das Bild zeigt Goretta am 6. Mai 1977 in Zürich anlässlich der Uraufführung des Films, der das Schicksal eines Mädchens zeigt, das an einer Beziehung zerbricht.
Auch Bruno Ganz und Nathalie Baye brachte Goretta im Film „La provinciale“ vor die Kamera – ebenso Gérard Depardieu in „Pas si méchant que ça“ (1975), eines der bedeutendsten Werke Gorettas.
In den Neunzigerjahren drehte Goretta mit dem französischen Schauspieler Bruno Cremer mehrere populäre Maigret-Filme.
Gorettas Schaffen umfasst rund 30 Filme und grössere Fernsehproduktionen. Filmkritiker stellten fest, dass sich seine Inszenierungen und seine Filmsprache an jene von Luis Buñuel und Jean Renoir anlehnten.
Diese Woche ist Goretta in Genf gestorben. Er verbrachte seine letzten Jahre vor allem in seiner Wohnung an der Maladière in Genf. Er litt an der Parkinsonkrankheit, sass im Rollstuhl, empfing Freunde und hatte bis zuletzt nichts von seinem Schalk verloren.
(J21)