Wie immer, wenn es um Eurokraten-Beschlüsse geht, ist es etwas schwierig, den Überblick zu behalten. Daher ohne Garantie: Kunden der Bank of Cyprus sollen nun von ihren Einlagen über 100'000 Euro satte 60 Prozent verlieren. Für 37,5 Prozent davon bekommen sie faktisch wertlose Aktien der Bank. 22,5 Prozent werden, wie der zypriotische Finanzminister Sarris zu formulieren beliebt, «sozusagen beiseite gelegt». Ach, und die restlichen 40 Prozent werden nur ausgezahlt, wenn sich die Lage der Bank gut entwickle. Was natürlich eine hohe Wahrscheinlichkeit hat.
Immer noch besser als bei Laiki
Ein schwacher Trost für Kontobesitzer bei der Bank of Cyprus ist, dass es bei der zweitgrössten Bank Laiki noch struber zu und her geht. Da wandert alles Geld oberhalb der Einlagegarantie in eine Bad Bank. Vielleicht gibt’s mal was davon zurück. Irgendwann, irgendwo, irgendwie. Das Mitleid ausserhalb Zyperns, auch in der Schweiz, hält sich in Grenzen. Ist doch gut: Die Besitzer der Banken, die Aktionäre, müssen bluten. Dann die Inhaber von Schuldpapieren wie Obligationen. Und dann halt die Kontobesitzer, sowieso fast alle reiche Oligarchen. Nichts könnte falscher sein.
Die wahre Story
Hauptaktionär der beiden Banken ist der zypriotische Staat. Der blutet überhaupt nicht, weil er ja 10 Milliarden Euro reingeschoben bekommt. Haftungsträger: Der Euro-Steuerzahler. Russische Oligarchen, sofern sie ihr Geld nicht durch die Hintertür via Bankfilialen in England und Russland abgezügelt haben und sofern sie nicht sowieso Anlageformen gewählt haben, bei den die Banken nur Depothalter sind und daher nicht zugriffberechtigt, verlieren höchsten einen Anteil von 25 Prozent an der Gesamtsumme. Tut natürlich auch weh, aber richtig schmerzhaft ist es für zypriotische Unternehmen.
Das Hotel, das Unternehmen
Jede Firma mit einem gewissen Umsatz, mit Verpflichtungen, mit Angestellten hält sehr schnell einmal mehr, viel mehr als 100'000 Euro auf der Bank, und wohlgemerkt nicht unbedingt auf einem Sparkonto. Und nur dafür gilt der Einlagenschutz. Das bedeutet, dass auf einen Schlag 60 Prozent oder mehr futsch sind. Was das bedeutet, kann sich jeder an einem Finger einer Hand ausrechnen. Bankrott, Pleite, Konkurs. Rechnungen und Löhne können nicht mehr bezahlt werden, notwendiges Material für die Aufrechterhaltung des Betriebs kann nicht mehr gekauft werden. Glücklich schätzen können sich perverserweise nur die, die schon vorher in roten Zahlen steckten. Die Schulden bleiben zwar, aber wenigstens ist kein Geld verloren.
Die kleinen Schweinereien
Was im Sittengemälde noch fehlte, sind die inzwischen in Umlauf befindlichen Listen, wie sich Parteien und Politiker von den beiden Banken schmieren liessen. Wenn die dort herumgebotenen Zahlen stimmen, erschüttert einzig, um welche Kleckerbeträge es sich handelt. Hier mal 100'000 erlassener Kredit, dort 10'000, kaum mal eine Million. Wie schäbig und billig lässt sich doch innerhalb der Euro-Zone Politik kaufen, Pflege der Landschaft betreiben. Aber der zurückgetretene deutsche Bundespräsident gab ja schon tiefe Einblicke, mit welchen Trinkgeldern man einen Würdenträger bei Laune halten kann.
Zahlenzauber
Wir erinnern uns, dass bis vor kurzem über 17 Milliarden Euro vonnöten waren, um die Insel über Wasser zu halten. Kommentarlos wurden es dann 15,8 Milliarden. Dann wären also zuerst 1,2 Milliarden zu viel angesetzt worden? Beim schon zur schlechten Gewohnheit gewordenen Hantieren mit Milliarden sollte man darauf hinweisen, dass schon eine Million Euro mehr ist, als ein durchschnittlicher Werktätiger in seinem ganzen Leben netto verdient. Aber auch hier gilt der Spruch der völligen Verantwortungslosigkeit: Na und?
Zwischenbilanz
Die 10-Milliarden-Hilfe ist alles andere als sicher, sie muss noch diverse Hürden in europäischen Parlamenten und beim IMF überspringen. Bei der zypriotischen Beteiligung ist nur eins sicher: Sie wird zu einer Pleitewelle und einem anschwellenden Arbeitslosenheer führen. Womit alles Geschwätz von einem zukünftigen Wirtschaftsaufschwung zu leeren Wortblasen wird.
Zypern wird zu einem weiteren Mahnmal werden, wie es einem Land ergeht, dem in der Euro-Zone zu Tode geholfen wird. Aber erteilen wir doch zum Schluss dem deutschen Finanzminister Schäuble das Wort: «Die Spareinlagen in Europa sind sicher.» Nun, wer ganz fest an Auferstehung glaubt, betet auch das nach. Mit anderen Worten: Nur der Glaube an ein Wunder kann Kraft geben.