Die Reformvorschläge beruhen auf einer Diagnose, welche vor einem Jahr vorgestellt wurde: Die Schweiz habe weniger ein Verteilungsproblem VOR als vielmehr NACH der staatlichen Umverteilung. Auf einen sehr kurzen Nenner gebracht: Der Anreiz mehr zu leisten, lohne sich für den Mittelstand nur beschränkt. Dies gelte vor allem für den unteren bis mittleren Mittelstand.
Folgerichtig stand die Veranstaltung in Luzern unter dem Titel: Steuerreform für den Mittelstand. Dabei hat sich die Fondation CH2048 zum Ziel gesetzt „ein mehrheitsfähiges Fakten-und wissensbasiertes Reformpaket für das Schweizer Steuer- und Transfersystem zu schnüren“.
Drei Stossrichtungen
Das von Christoph Koellreuter, Initiant und Vizepräsident der Fondation CH20148 vorgestellt Reformpaket hat drei Stossrichtungen.
- Die erste Stossrichtung fordert von einer Reform „mehr Leistungsgerechtigkeit und Verbesserung der Arbeitsanreize. Die Reformen sollen zu mehr Leistungsgerechtigkeit und Verantwortlichkeit im Sinne von Selbstverantwortung führen.
- Die zweite Stossrichtung, so Koellreuter, ziele darauf, Reformvorschläge zu finden, die zwar Transfers beinhalte, da nicht alle Menschen in der Lage seien das für den Lebensunterhalt notwendige Einkommen durch Arbeitsleistung zu erzielen. Diese müssten aber so ausgestaltet sein, dass sich die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit für den Empfänger lohne.
- Die dritte Stossrichtung fordert schliesslich mehr Solidarität der höchsten Einkommen und Vermögen bei einem möglichst geringen Abwanderungsrisiko. Dies wird damit begründet, dass vor allem die obersten Einkommens- und Vermögensprozente von der gesteigerten Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz profitieren und deshalb auch zu mehr Solidarität mit den Schwächeren auf allen Ebenen angehalten werden sollen.
Das Reformpaket, das Koellreuter auf dieser Grundlage vorstellte, sieht drei Hauptelemente vor:
- Eine Besteuerung des Sozialtransfers verbunden mit der Steuerbefreiung des Existenzminimums, was sich sowohl auf die Steuergerechtigkeit als auch auf die Verbesserung der Arbeitsanreize auswirken soll.
- Die Einführung einer Kapitalgewinnsteuer, welche die Steuergerechtigkeit verbessern soll.
- Die Einführung der Individualbesteuerung, die vor allem die Arbeitsanreize verbessern soll.
Koellreuter betonte mehrmals, dass diese Reformvorschläge, die angestossen werdebn, mehrheitsfähig sein sollen. "Wir wollen nicht, dass sie in der Schublade verschwinden.
Die anschliessende Podiumsdiskussion unter Politikern, liess allerdings die Schwierigkeiten erahnen, denen ein Vorschlag aus der Zivilgesellschaft zuhanden der Politiker begegnet.
Skepsis
Nationalrätin Kathrin Bertschy (Grünliberal BE) meinte denn auch in ihrer Zusammenfassung, dass die grosse Frage bei der Übergabe eines solchen Reformvorschlags an die Politiker sei: Wie sehen die Massnahmen im Detail aus, was wären die Konsequenzen? Eine erste Vorahnung solcher Diskussionen vermittelte Nationalrat Eric Nussbaumer (SP Basel Land), beim Hinweis darauf, dass die Einführung einer Kapitalgewinnsteuer wohl auf wenig Widerstand stossen dürfte, solange nicht darüber diskutiert würde, ob zur Kompensation damit auch die Vermögenssteuer abgeschafft und die Erbschaftssteuer eingeführt würde. An diesem Punkt dürfte die Einigkeit unter den Politikern schwinden.
Nationalrat Beat Walti (FDP Zürich), der den Vorschlägen durchaus positiv gegenübersteht, sieht denn auch eine grosse Hürde, wenn es darum geht, einen solchen Vorschlag als Paket weiter zu behandeln. Hier trifft er sich mit Ständerat Peter Hegglin (CVP Zug), vormals Zuger Finanzdirektor, der die Erfolgschancen eher kritisch sieht und der Überzeugung ist, dass die Vorschläge von der Politik wieder in die Einzelteile zerlegt, diskutiert und neu zusammengesetzt würden.
Eine Abkürzung zu nehmen, mithilfe eines ausgewogenen Vorschlags aus der Zivilgesellschaft, stösst zumindest bei den Politikern eher auf Skepsis. Immerhin will Nationalrat Martin Landolt (BDP Glarus) den Reformvorschlag zur Diskussion in die Kommissionen für Wirtschaft und Abgaben WAK einbringen.