Nach dem Brexit und der amerikanischen Präsidentschaftswahl müssten uns die Abgründe zwischen Meinungsumfragen und Urnengängen eine letzte Warnung sein. Jene von Wilhelm Busch schlugen wir leider bei jeder Gelegenheit in den Wind: „Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt.“
Vordergründig sind Fehlprognosen in der Politik ärgerlich. Aber genau betrachtet spiegelt sich in ihnen unser zumindest kleiner Sieg über die Big-Data-Agenten, die uns bis in den hintersten Seelenwinkel ausforschen und Wochen im Voraus auf unser Wahl- und Abstimmungsverhalten festnageln wollen. Der Begriff „Momentaufnahme“ tarnt den Versuch der politischen Manipulation.
Offenbar lernten wir, uns dagegen zu wehren. Wir fühlen uns zunehmend frei, den Demoskopen die Wahrheit zu sagen oder nicht, bei unserer Antwort zu bleiben oder sie im entscheidenden Moment ins Gegenteil zu verwandeln. Wir legen nicht mehr brav die profane Beichte ab.
Gegen diesen Machtverlust werden die Meinungsforscher methodisch aufrüsten und uns zum Striptease vergewaltigen. Was wir zeigen, bestimmen jedoch wir: die kalte Schulter oder die nackte Unwahrheit. Wer uns an die Wäsche will, soll sein Bestrafungsfest haben. Die Demokratie feiert mit.