Jetzt geht’s los. Die Sozialdemokraten hoffen, dass die Meinungsforscher recht behalten. Und die CDU/CSU wünscht sich, dass die Umfrage-Institute daneben lagen.
Laut letzten Umfragen liegt die SPD mit 25% vor der CDU mit 22 Prozent. Die Fehlerquote solcher Umfragen beträgt +/- 3 Prozent. Nicht ausgeschlossen ist also, dass die CDU auf 25 und die SPD auf 22 Prozent kommt. In den letzten Tagen vor der Wahl hat die CDU/CSU ihren Rückstand auf die SPD minimal verringert. Von einer eigentlichen Trendwende konnte jedoch keine Rede sein.
Viele Unentschlossene
Man rechnet mit einem Kopf-an-Kopf-Rennen. CSU-Generalsekretär Markus Blume prophezeite ein „Wimpernschlag-Finale“. Ob es dazu kommt, wird sich zeigen.
Gemäss mehreren Umfragen waren wenige Tage vor der Wahl noch zwischen 15 und 20% der Befragten unschlüssig, für wen sie stimmen werden.
Exit Polls, Hochrechnungen
Die letzten Wahllokale schliessen am Sonntag um 18.00 Uhr. Dann werden erste Prognosen veröffentlicht. Sie basieren auf Exit-Polls, also Befragungen von Wählerinnen und Wählern am Ausgang der Wahllokale. Die Erfahrung zeigt, dass diese ersten Prognosen dem Endergebnis oft sehr nahe kommen.
Kurz darauf werden erste Hochrechnungen veröffentlicht. Sie basieren auf effektiv abgegebenen Stimmen. Stündlich, oft auch schneller, werden neue, präzisere Hochrechnungen nachgeschoben. In den frühen Morgenstunden des Montags soll dann das Endergebnis bekanntgegeben werden.
Sondierungsgespräche
Die Partei, die am meisten Stimmen erhalten hat, wird nicht zwangsläufig die nächste Regierung bilden. Entscheidend wird sein, welche Parteien zu einer Koalition zusammenfinden. Der sozialdemokratische Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wird zunächst die stärkste Partei mit Sondierungsgesprächen beauftragen. Diese versucht dann, einen oder mehrere Koalitionspartner zu finden.
Seit 1961 konnte keine Partei die absolute Mehrheit im Bundestag erreichen. Dies wird auch diesmal der Fall sein.
Sollte die CDU am meisten Stimmen erhalten, wären – rein rechnerisch aufgrund jüngster Umfragen – folgende Koalitionen möglich:
- Deutschland-Koalition: CDU/CSU, SPD, FDP (schwarz-rot-gelb)
- Kenia-Koalition: CDU/CSU, SPD, Grüne (schwarz-rot-grün)
- Jamaika-Koalition (oder: Schwampel): CDU, Grüne, FDP (schwarz-grün-gelb)
- Grosse Koalition: CDU, SPD (schwarz-rot)
Sollte die SPD am meisten Stimmen erhalten, wären – rein rechnerisch aufgrund der bisherigen Umfragen – folgende Koalitionen möglich:
- Ampelkoalition: SPD, Grüne, FDP (rot-grün-gelb)
- Rot-grün-Rote-Koalition: SPD, Grüne, Linke
- Grosse Koalition unter SPD-Führung: SPD, CDU (rot-schwarz, eventuell unter Einbezug der Grünen oder der FDP)
Alle Parteien betonen, mit der sehr rechtslastigen AfD keine Koalition eingehen zu wollen.
Tausend Abgeordnete
Trotz aller Wahlrechtsreformen wird der Bundestag immer grösser. Zur Zeit zählt er 709 Abgeordnete. Wegen der Vergabe von Übergangsmandaten wird das Parlament auch jetzt kräftig wachsen. Entscheidend ist auch, ob und wie die Wählerinnen und Wähler die Zweitstimmen aufteilen.
Robert Vehrkamp, Wahlrechtsexperte bei der Bertelsmann Stiftung schliesst nicht aus, dass der neue Bundestag über tausend Mitglieder zählen wird. Das würde den Staat Hunderte zusätzlicher Millionen kosten und würde den Parlamentsbetrieb sicher nicht vereinfachen.
47 Parteien, 2,8 Millionen Neuwähler
Eine Partei muss mindestens fünf Prozent der Stimmen erhalten. Die 5-Prozent-Hürde soll eine Zersplitterung des Parlaments verhindern. Kleinparteien haben deshalb keine Chance, in den Bundestag einzuziehen. Insgesamt nehmen 47 Parteien an der Wahl teil. 6'211 Personen bewerben sich um einen Sitz.
Wahlberechtigt sind grundsätzlich alle deutschen Staatsbürger und Staatsbürgerinnen, die am Wahltag mindestens 18 Jahre alt sind. Das sind 60,4 Millionen (31,2 Millionen Frauen, 29,2 Millionen Männer). Gemäss Angaben der Bundeswahlleiter ist die Zahl der Wahlberechtigten geringer als bei der Bundestagswahl 2017. Damals waren rund 61,7 Millionen Personen wahlberechtigt gewesen. Grund für den Rückgang ist die demografische Entwicklung. So sind seit 2017 mehr Deutsche gestorben als volljährig wurden.
2,8 Millionen Deutsche sind erstmals wahlberechtigt. Sie haben einen Anteil von 4,8 Prozent aller Wahlberechtigten.
Rekord bei der Briefwahl
Seit der Bundestagswahl von 1957 haben die Deutschen die Möglichkeit, ihre Stimme brieflich abzugeben. Schon bei der letzten Bundestagswahl 2017 stimmte jeder Dritte per Brief ab. Wegen der Corona-Pandemie wird diesmal ein Briefwahl-Rekord erwartet.
Bei der letzten Bundestagswahl 2017 betrug die Wahlbeteiligung 76,2 Prozent. Man rechnet damit, dass sie diesmal höher ausfallen wird.
Im bisherigen Bundestag verfügte die CDU/CSU über 245 Sitze, gefolgt von der SPD mit 152 Sitzen, der AfD mit 86 Sitzen, der FDP mit 80, der Linken mit 69 und den Grünen mit 67 Sitzen.
(J21)