Europa hat letztes Wochenende die Uhren wieder um eine Stunde zurückgestellt. Nicht so die Türkei. Dieses Land verabschiedete sich von der Sommerzeit. Sie definierte die osteuropäische Sommerzeit als neue Standardzeit, die das ganze Jahr gilt, und rückt so eine Zeitzone nach Osten.
In Zypern gilt, wie in Griechenland und bisher auch in der Türkei, osteuropäische Zeit (MEZ + 1), wobei die Uhren im Sommer eine Stunde vorgestellt werden. Im türkisch besetzten Nordzypern wurden die Uhren nun wie in der Türkei nicht wieder auf Standardzeit zurückgestellt, da diese international nicht anerkannte Republik komplett von der Türkei abhängig ist.
Pyla ist ein Dorf in der Pufferzone zwischen Nord und Süd. Es ist der einzige Ort in der Pufferzone, der nach der türkischen Invasion von 1974 nicht geräumt wurde. Bis heute leben dort Griechisch- und Türkischzyprioten friedlich zusammen. Nun ergibt sich aber das Problem, dass die Dorfbewohner nicht wissen, welche Zeit gilt. Einige habe die Uhren wie im Süden zurückgestellt, andere nicht. Vermutlich stellen sie die Uhren je nachdem, wo sie arbeiten. Wer im Süden arbeitet, stellt die Uhren zurück, wer in den Norden an die Arbeit fährt, lässt dies bleiben. Schwierig ist die Situation für die Türkischzyprioten, die im Norden wohnen, aber im Süden oder auf einer britischen Militärbasis arbeiten. Sie müssen eine Stunde früher aufstehen. Vielleicht gehört aber auch dieses Problem bald der Vergangenheit an.
Verhandlungsklausur in der Schweiz
Der zypriotische Präsident Nikos Anastasiades traf am Mittwoch nochmals den türkischzypriotischen Volksgruppenführer und Präsidenten der international nicht anerkannten Türkischen Republik Nordzypern, Mustafa Akıncı. Sie vereinbarten dabei, dass sie sich vom 7. bis zum 11. November für intensive Verhandlungen auf den Mont Pèlerin ob Vevey zurückziehen. In dieser Klausur in der Schweiz wollen sie das dornenvolle Kapitel über das Territorium in Angriff nehmen.
Zum Zeitpunkt der türkischen Invasion im Sommer 1974 lebten 18 Prozent Türkischzyprioten auf der Insel, die seither 36 Prozent der Insel besetzt halten. Im Annan-Plan von 2004 war vorgesehen, dass die Türkischzyprioten das Gebiet um die Stadt Morphou zurückgeben und die seit 1974 dort lebende Bevölkerung umgesiedelt wird. Davon wollen sie heute nichts mehr wissen, weil sie offenbar seither viel in das Gebiet investierten, Investitionen, die sie nicht aufgeben wollen. Eventuell wird das Gebiet von Morphou nicht einem der beiden Gliedstaaten zugeschlagen, sondern direkt von der Bundesverwaltung administriert werden.
Die Kompensation könnte somit anderswo stattfinden. Hier steht die Halbinsel Rizokrapaso im äusserten Nordosten der Insel im Vordergrund. Der Vorteil dabei wäre, dass dort die einzigen Griechischzyprioten leben, die nach der Invasion im Norden verblieben sind. Es sind zwar heute nur noch einige hundert, aber diese würden für ihr Ausharren belohnt.
Make or brake
Die beiden Verhandlungsdelegationen werden dabei auch andere Kapitel berühren und nach Kreuzkonzessionen suchen, da einige Kapitel miteinander verbunden sind. So wird wohl auch die Frage der Staatsbürgerschaft wieder auf den Tisch kommen und die Frage der türkischen Siedler, die nach 1974 im Norden angesiedelt wurden.
Die Frage der Sicherheitsarchitektur ist das einzige Dossier, das vorläufig noch ausgeklammert wird. Falls nächste Woche in der Schweiz genügend Fortschritte erzielt werden, wird nachfolgend eine internationale Konferenz organisiert, an der auch die Garantiemächte Griechenland, Türkei und Grossbritannien teilnehmen müssen. Dort wird es vor allem um die Präsenz der ungefähr 40’000 Mann starken türkischen Truppen gehen.
Und dann wird eventuell vor dem Jahreswechsel der Moment der Wahrheit kommen: make or brake? Im erstgenannten Fall werden die Bürgerinnen und Bürger von Pyla wohl sehr schnell wieder wissen, wie spät es ist.