80 Staaten stimmten für den von den USA und der EU eingebrachten Resolutionsentwurf, 44 dagegen und 57 enthielten sich der Stimme. Unter den Staaten, die dagegen stimmten, befinden sich nach eigenem Bekennen Kuba, Venezuela, Bolivien und Nordkorea. Arithmetisch müssen daher mindestens 17 der insgesamt 57 Mitglieder der Organisation der Islamischen Konferenz (OIC) diesmal Teheran die Gefolgschaft verweigert haben. Gewöhnlich tritt die OIC in den internationalen Gremien als disziplinierte Kampfmaschine auf.
Die Resolution muss noch vom Plenum der Generalversammlung bestätigt werden. Das gilt aber als blosse Formalität, weil an beiden Abstimmungen die gleichen Staaten teilnehmen. Vor der Iran-Resolution brandmarkten die 192 UNO-Mitglieder auch Burma und Nordkorea mit grosser Mehrheit wegen ihres Umgangs mit den Menschenrechten. „Durch die Verurteilung von drei der schlimmsten Menschenrechtsverletzer sind die Vereinten Nationen ihren Grundwerten treu geblieben“, erklärte US-Botschafterin Susan Rice.
Der iranische Chefdelegierte Mohammad Javad Larijani beschuldigte hingegen die USA, als „Stippenzieher und Hauptprovokateur“ der Generalversammlung aufzutreten. Die vom Westen eingebrachte Resolution habe nichts mit den Menschenrechten zu tun, erklärte der Generalsekretär des „Hohen iranischen Menschenrechtsrats“. Nach den Worten Larijanis ist es „unnötig und unfair, den Iran an den Pranger zu stellen“. „Die Iraner wollen keine westliche Demokratie“, behauptete er.
Folter angeprangert
Die Resolution „drückt tiefe Sorge wegen der andauernden ernsten Verletzungen der Menschenrechte in der Islamischen Republik Iran aus“. Aufgelistet werden unter anderem Folter, Auspeitschen, die Amputation von Körperteilen und die Steinigung. Die Polizisten und "Revolutionswächter", die bei der Niederschlagung der Demonstrationen von 2009 Verbrechen begingen, seien bisher straflos geblieben. Das Dokument beklagt auch die „wachsende Ungleichheit der Geschlechter und Gewalt gegen Frauen“.
Der Fall der wegen Ehebruchs und angeblicher Beihilfe bei der Ermordung ihres Mannes zum Tod durch Steinigung verurteilten Sakineh Mohammadi-Astiani bescherte dem Regime zweifellos einen weiteren Sympathieverlust. Obwohl die iranischen Behörden beteuern, das Urteil sei noch nicht endgültig, wirft das Vorgehen ein schlechtes Licht auf das Rechtsverständnis der Mullahs.
Die Resolution beklagt die Unterdrückung Andersdenkender und mangelnde Religionsfreiheit. Als Beispiel wird die 1817 gegründete Glaubensgemeinschaft der Bahai angeführt, die sich als Zusammenfassung und Erhöhung aller bestehenden Religionen versteht. Das iranische Regime wirft den Bahai Ketzerei und Spionage für Israel vor, weil sich ihr Tempel in Haifa befindet. Die Resolution fordert von der iranischen Justiz „rasche, faire und offene Prozesse“ gegen sieben seit 2008 ohne Rechtsbeistand inhaftierte Bahai-Führer.
Das iranische Aussenministerium schoss zurück, indem sein Sprecher die USA als „den grössten Verletzer der religiösen Rechte der Muslime“ bezeichnete. Die Regierung ist sich aber offenbar ihres schlechten Rufs in der Staatengemeinschaft bewusst. Der oberste nationale Menschenrechtsfunktionär Larijani sprach vorigen Freitag in New York beim UNO-Generalsekretär Ban Ki-Moon vor und lud die gestrenge Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, für nächstes Jahr zu einem Besuch nach Teheran ein.