Lady Gagas Hunde sind wieder da. Die Popsängerin bezahlt dafür gern einen Finderlohn von 500’000 Dollar. So viel wären zwar andere Hunde ihren Besitzern nicht wert. Trotzdem sind unsere Haustiere uns enorm wichtig. Vor allem jetzt, in der Krise, setzen wir auf die Vertrautheit mit einem Tier.
Es waren zwei Bulldoggen, die der Popsängerin Lady Gaga in Los Angeles abhanden kamen. Der Hundesitter wurde angeschossen, die Hunde geraubt – und sehr rasch setzte das zu Filmarbeiten in Italien weilende Frauchen die genannte Belohnung aus. Die bekommt nun jene Frau, die die Hunde wenige Tage später angeleint an einem Laternenpfahl fand.
Koji und Gustav, wie die Hunde heissen, dürften damit zu den teuersten ihrer Art zählen. Bei den Katzen gebührt der Spitzenplatz zweifellos Choupette, der Katze des verstorbenen Modeschöpfers Karl Lagerfeld. Sie gehört zu den Erben von dessen 500-Millionen-Hinterlassenschaft.
Geheimnisvolle Katzen
Auch für uns weniger betuchte Erdenbürger gilt: Unsere Haustiere sind uns lieb und teuer. Gerade jetzt, in der Corona-Krise. «Die Nachfrage nach Hunden und Katzen hat während der Corona-Zeit auch in meinem Tierheim stark zugenommen», sagt stellvertretend für viele Ernst Krüsi, Besitzer eines Tierheims im zürcherischen Winkel. Dass das nicht unproblematisch ist, unterstreicht die Berner Hundezüchterin Rita Widmer: «Wer vor der Corona-Krise keine Zeit für ein Haustier hatte, wird sie auch nach der Krise nicht haben.»
Rund eine halbe Million Hunde und über 1,7 Millionen Katzen verzeichnet die Statistik allein für die Schweiz. In den Schatten gestellt werden sie nur noch von den in Aquarien und Teichen gehaltenen Fischen. Dass viele die Katze dem Hund vorziehen, kann der Tierforscher Josef Reichholf gut nachvollziehen. «Sie verlangt nichts vom Menschen, ausser gestreichelt zu werden – was wir sehr gerne tun», sagt er. Vor Jahrtausenden ist sie aufgetaucht. Als der Mensch sesshaft wurde und Getreide anzubauen begann, taten sich an seiner Ernte gerne die Mäuse gütlich. Und die Wildkatze fand in den Bauernhöfen ihre geliebten Beutetiere.
Wild ist sie geblieben, wild und geheimnisvoll. Vor allem nachts. Was Katzen da treiben, das hat die Verhaltenstierärztin Dunia Thiesen-Moussa vor einigen Jahren in der an Katzen reichen Stadt Weimar erkundet. Sehr planvoll sind die von ihr mit GPS-Halsbändern versehenen Tiere durch ihre Reviere gestreift, haben die Grenzen mit Duftmarken gekennzeichnet und überprüft, ob da jemand anderer ihnen Konkurrenz machen will.
Das Rudel gewechselt
Ein altes Sprichwort besagt: Hunde haben Besitzer, Katzen dagegen Servicepersonal. Josef Reichholf kennt beide von Kindsbeinen an, doch Hunde sind ihm doch entschieden näher. Vor allem einer: Der Mischling Branko, dem er in seinem neuen Buch «Der Hund und sein Mensch» (Hanser-Verlag) jene Passagen widmet, in denen es um die tieferen Beziehungen zwischen Hund und Mensch geht.
Auch die Geschichte dieser Beziehung schreibt er neu. Denn Reichholf zweifelt die Theorie an, der Mensch habe den Wolf gezähmt und dessen Nachkommen über viele Generationen zum Hund gezüchtet. «Diese Vorstellung schmeichelt unserer Eitelkeit, denn dabei sind wir Menschen die aktive Seite.» In Wirklichkeit sei es wohl anders gewesen: Dass sich nämlich der Wolf dem Menschen angenähert hat, nachdem dieser nach seinem Auftauchen vor etwa 40’000 Jahren ein Massen-Artensterben ausgelöst hatte. Das verknappte Nahrungsangebot liess das Rudeltier Wolf zum Verwerter von Aas werden, wovon es in der Nähe des Menschen am meisten gab.
Mittlerweile hat der domestizierte Wolf sein Rudel gewechselt, er ist jetzt Teil der Familie. Hier fängt die Schönheit an – und hier fangen auch die Schwierigkeiten an. Die Schönheit liegt in einer einzigartigen Beziehung, denn der Hund erspürt die Stimmungen seines Menschen wie kein anderes Tier. Er lässt sich auf uns ein und treibt uns an. Denn der Hund will laufen – im Unterschied zur Katze, die ein Lauerjäger ist.
Doch der erfreute Mensch verkennt seine Rolle allzu oft. «Ich rate sehr davon ab, als Anfänger einen Hund im Tierheim zu holen», sagt Josef Reichholf, «man braucht da viel Erfahrung, weil es sich oft um traumatisierte Tiere handelt.» Die Zahl der Hundebisse steigt denn auch stetig. Was auch damit zu tun hat, dass es, wie Dunia Thiesen-Moussa anmerkt, dem Hundehalter an Wissen über das Ausdrucksverhalten des Hundes mangelt. «Das nötige Wissen fehlt leider häufig nicht nur den Hundehaltern, sondern auch Hundetrainern, Tierärzten, Tierpflegern und anderen Berufsgruppen.»
Katzen müssen nicht – Hunde müssen
Eines allerdings ist klar: Der Mensch muss für den Hund stärker da sein als für die Katze. Der Verhaltensbiologe Kurt Kotrschal beschreibt den Unterschied in einem Interview so: «Katzen können Menschen gegenüber sehr sozial, freundlich, zugewandt sein, aber sie müssen nicht. Hunde müssen.» Beide Beziehungen sind wichtig, sie schaffen eine Verbindung in die Tierwelt, die schon Kleinkindern ausserordentlich wichtig ist. «Schon Babys im Alter von drei bis sechs Monaten interessieren sich für nichts so wie für Tiere», sagt Kotrschal. Der Erwachsene rationalisiere dieses Bedürfnis oft, dann heisse es etwa, ein Hund sei ein guter Freizeitpartner. «Aber im Kern steht ein tiefer, instinktiver Wunsch.»
Menschen sind Säugetiere, sie teilen mit anderen Säugetieren Grundemotionen wie Neugier, Zorn, Angst, Lust, Fürsorge, Trauer oder Spielfreude. Kinder spüren das ganz früh, der Erwachsene braucht etwas länger.