Ein verschneiter Wald, der Chräzerenwald im Säntisgebiet. Der Wagen bleibt zurück, wo der Wanderweg von der Kantonsstrasse abzweigt. Die Buchen und Fichten ragen gespenstisch in den Nebel. In der Nacht ist Schnee gefallen, aber der Weg ist mit dicken Schuhen und Gamaschen noch gut gangbar, sodass es keiner Schneeschuhe bedarf. Leises Knirschen der ersten unsicheren Schritte im weichen Pulverschnee. In zugewehten Löchern sinkt der Fuss ein, doch der Skistock bietet gute Stütze. Irgendwo verkündet eine Krähe, dass es noch Lebewesen gibt in der weiss erstarrten Welt.
Die ruhige Winterlandschaft. Das ist es, was wir suchten, und dennoch ist die plötzliche grosse Stille fast ein Schock. Das Gefühl von Taubheit, man hört nichts mehr. Verstummt ist der Stadtlärm, die Wumbawumba-Musik, verstummt sind die Handytelefonierer, abgestellt der iPhone-Stress, die Informationsüberfrachtung. Wir sind allein im Schnee – angekommen in einem existentiellen Funkloch.
Der Weg ist nicht steil, bringt dennoch den Puls auf Touren. Nach und nach spürt man, wie die Lungen sich ausdehnen und das Atmen tief und befreiend wird. Die Wollkappe braucht es bald nicht mehr, die frostige Winterluft tut dem Kopf richtig gut. Die Kälte ist ein Rest von materieller Wirklichkeit, die uns trifft, wenn wir den virtuellen Dschungel unseres täglichen Lebens verlassen.
Nach einer knappen Stunde ist eine kleine Passhöhe erreicht und wir folgen dem Wegweiser zum Horn, einer 1460 Meter hohen Schneekuppe. Bald öffnet sich der Wald, und die Häuser der Pfingstboden-Alp liegen vor uns. Mein Begleiter fotografiert. In dem Moment reisst der Nebel auf und die Schneefelder gleissen derart im Sonnenlicht, dass wir kaum noch die Augen öffnen können.
Eine Zauberwelt. Schnee ist ein magisches Material.