Da die israelische Politik – unterstützt auch durch das zögerliche Abstimmungsverhalten der deutschen Bundesregierung in der UN-Vollversammlung Ende November 2012 – am Besatzungsregime festhält, palästinensische Böden enteignet, im arabischen Ost-Jerusalem Tausende neuer Wohneinheiten für die jüdische Bevölkerung genehmigt und da das Militär gewalttätige Siedler gewähren lässt, gehört der einstige Aufruf der Autonomiebehörde zum gewaltlosen Widerstand gegen die Besatzung der Vergangenheit an. Ihre Autorität befindet sich im Sinkflug.
Die Berichte über den Bürgerkrieg in Syrien, über den Aufruhr und über die Massenproteste in Tunesien und Ägypten sowie die politische Instabilität in Jordanien werden in den palästinensischen Gebieten aufmerksam registriert. In den Dörfern, aber auch in den Städten der Westbank, die gemäß der Osloer Vereinbarung von 1995 ihrer Kontrolle unterstehen sollen, tut sich ein riesiges Machtvakuum auf. Es wird nicht lange dauern, bis die neue „Intifada“ auf Jerusalem übergreift. Nach den Opfern in den eigenen Reihen steht zu befürchten, dass die Konfrontation auch die israelischen Staatsbürger arabischer Volkszugehörigkeit nicht teilnahmslos beiseite stehen lässt.
Auf die internationale Staatengemeinschaft kommt mehr denn je eine hohe Verantwortung zu: Sie muss der israelischen Politik entschieden in den Arm fallen. Selbst in der jüdischen Bevölkerung wachsen die Sorgen, ob ihr Staat mit den Mitteln und Methoden der Repression und der Gewalt gegen die Palästinenser überleben kann oder ob substantielle Verhandlungen über die fünf zentralen Fragen – Grenzen, Siedlungen, Jerusalem, Flüchtlinge, Sicherheit – mit den Nachbarn endlich auf die Tagesordnung gehören. Die Rufe aus Israel nach harten Sanktionen gegen die Regierungspolitik werden immer lauter. Ob der Frieden zwischen Israelis und Palästinensern eine letzte Chance bekommt, entscheidet sich in diesem Jahr.