Bei einer normalen AG-Bank soll der Verwaltungsrat die Interessen der Besitzer wahren und für die richtige Strategie zuständig sein. Nun ja. Die Zürcher Kantonalbank ist nicht nur vom Namen her ein spezielles Geldhaus. Die viertgrösste Bank der Schweiz gehört dem Zürcher Bürger und Steuerzahler, der notfalls mit einer Garantie für sie geradestehen muss. Und ihr Leitungsgremium heisst Bankrat.
Versagerrat
Der Bankrat der ZKB ist ein Abklingbecken, in dem nach Parteienproporz mehr oder minder verdienten Parteisoldaten ein warmes Plätzchen zugehalten wird. Der Bankpräsident Jörg Müller (FDP) verdient 357'000 Franken pro Jahr, seine beiden Vizepräsidenten Bruno Dobler (SVP) und János Blum (SP) je 326'000 Franken. Dazu kommen noch 13 nebenamtliche Bankräte, die ihre Grundentschädigung von 18'000 Franken mit Spesen und Sitzungs- und sonstigen Zulagen auf rund 40'000 Franken im Jahr aufrunden.
Und was bekommt der Zürcher Steuerzahler für diese über 1,5 Millionen pro Jahr? Ein hübsches Desaster. Im Steuerstreit mit den USA drohen der Staatsbank mehrere Hundert Millionen Busse. In Österreich kaufte sich die Bank, deren Leistungsauftrag ist, für die Zürcher Bevölkerung und Wirtschaft ein verlässlicher Partner zu sein, ein marodes Institut mit betrügerischer Vergangenheit. Das nannte man Expansion. Und schliesslich dreht die ZKB grosse Räder im Investmentbanking, nach der Devise: «no risk, no fun.»
Die Quittung
Schon letzte Woche schmetterte der Kantonsrat, sonst nicht gerade für eine aktive Einmischung in die Geschäfte der ZKB bekannt, deren Antrag auf Ausgabe von Partizipationsscheinen ab. Diesen Montag schickte das Parlament den Antrag auf eine vom Steuerzahler zu berappende Erhöhung des Dotationskapitals um 2 Milliarden bachab. Und bewilligte stattdessen nur, eidgenössische Kompromisssucht, statt gar nichts 500 Millionen.
Und schliesslich wies der Kantonsrat mit scharfen Worten die nassforsche Forderung nach einer Erhöhung der Entschädigungen für Bankpräsidiumsmitglieder um 30 Prozent und für Bankräte um rund 70 Prozent zurück. Mit 135 gegen 34 Stimmen wurden sie vom Tisch gewischt, eine schallende, aber verdiente Ohrfeige, die der Bankpräsident schweigend entgegennahm.
Vorher lautstark
Obwohl Präsident Müller sonst kaum je öffentlich zu vernehmen ist, machte er im Vorfeld dieser Entscheidungen mächtig Druck. Die «Gewinnausschüttungen an den Kanton und die Gemeinden» müssten möglicherweise «über mehrere Jahre hinweg reduziert werden», drohte Müller unverhohlen. Und noch dreister: «Wenn wir 2 Milliarden Franken an Kapital einsparen wollten, müssten wir 9 von 10 Unternehmenskrediten oder jede zweite Hypothek kündigen.»
Das ist vielleicht nicht unbedingt die Einstellung, die man vom obersten Chef einer Zürcher Staatsbank erwarten müsste, die sich weder um das Beherbergen von US-Steuerpflichtigen, noch um die Expansion ins Ausland und erst recht nicht um die grossen und hochriskanten Räder im Investmentbanking kümmern sollte. Aber auch dazu hat Müller eine dezidierte Meinung: «Im Investmentbanking haben wir kaum Einsparpotenzial.»
Zusammenfassend: Der oberste Chef der ZKB hat in den letzten Jahren ein ganz schönes Schlamassel in seiner Bank zu verantworten, droht im Vorfeld der Abstimmungen in seiner Aufsichtsbehörde, dem Kantonsparlament, falls seine Anträge nicht bewilligt würden, die Kernaufgaben seiner Bank nicht mehr wahrnehmen zu können. Die darin besteht, Hypotheken und Unternehmenskredite auszugeben, zuvorderst im Kanton Zürich. Und als Entgelt für die Staatsgarantie Gewinne an ihre Besitzer auszuschütten. Dafür wollte er auch noch einen kräftigen Schluck aus der Gehaltspulle.
Nachher kleinlaut
Nun macht Müller das, zusammen mit dem gesamten Bankrat, was dieses Gremium am besten kann: auf Tauchstation gehen. Wäre das ein Verwaltungsrat und das Parlament die Aktionärsversammlung, müsste der VR nach diesen Niederlagen sofort zurücktreten. Nur schon, um einem entsprechenden Antrag zuvorzukommen. Denn das Vertrauen der Besitzer ist offensichtlich weg. Schön, dass im Banking Vertrauen nur ein Wort ist, kein Wert.
Nun handelt es sich hier aber um Politik, um Postengeschacher, bei dem alle im Kantonsrat existierenden Fraktionen parteiübergreifend mitmachen. Und da will sich keine Partei die Möglichkeit verbauen, auch in Zukunft jemandem ein Pöstchen zuzuhalten, dessen Verdienste grösser sind als seine Fähigkeiten. Nach der Devise: Haust du meinen nicht weg, wählst du meinen, dann haue ich deinen nicht weg und wähle deinen.
So mutig und richtig die Entscheidungen des Kantonsparlaments auch waren, leider beweisen sie, dass Politiker und Parlamente noch weniger als Aktionariate bei Grossbanken geeignet sind, die Leitlinien einer Geschäftsstrategie zu bestimmen. Erschwerend kommt bei der ZKB hinzu, dass viel direkter als bei Grossbanken der Steuerzahler zur Kasse gebeten wird, falls es schiefgeht. Kleiner Trost für den Zürcher Steuerzahler: Die Bank wurde unlängst für «systemrelevant» erklärt. Also müssten im Fall der Fälle alle Eidgenossen ins Portemonnaie greifen.