Dass Sport nichts mit Politik zu tun habe, wie viele glauben oder wider besseres Wissen behaupten, hat noch nie gestimmt. Clevere Politiker verstehen es bestens, sportliche Leistungen und Erfolge für eigene Interessen zu nutzen. Geht es darum, Begeisterung über sportliche Siege in patriotisches Pathos umzuleiten, ist das noch vergleichsweise harmlos. Schlägt aber der Patriotismus – vor allem bei Fussball-Länderspielen – in kämpferischen, intoleranten Nationalismus um, dann hört der Spass auf. Hätte es noch eines Beweises bedurft, um die enge, oft unheilvolle Verbindung von Sport und Politik zu belegen – jetzt gibt es ihn, in Form eines an sich banalen Fotos.
Man sieht darauf zwei Männer, einer jung, der andere älter, die sich an einem Leibchen des Namens Oezil mit Nummer elf festhalten und dabei guter Dinge sind. Der Fussballprofi lacht erfreut und erstaunt, als sei ihm ein überraschender Coup gelungen; der Staatspräsident wirkt selbstzufrieden, wissend, dass ihm tatsächlich ein wohlkalkulierter Coup gelungen ist. Mesut Oezil, der deutsche Nationalspieler, muss von allen guten Geistern verlassen gewesen sein, als er sich in dieser Pose mit dem im Wahlkampf stehenden türkischen Präsidenten Erdogan ablichten liess und damit Sympathie für einen autoritären, demokratische Regeln missachtenden Politiker manifestierte. Ob er es aus kaum fassbarer Naivität tat oder eine kalkulierte Provokation im Sinne hatte, spielt jetzt keine Rolle mehr.
Das banale Foto bietet Anlass zu einer veritablen Staatsaffäre. Deutsche und türkische Minister twittern ihren Senf dazu, die Medien blasen eifrig Wind ins Feuer, hohe Fussballverbandsfunktionäre geraten ins Taumeln. Der eine Verursacher des Wirbels, Mesut Oezil, kann tun und lassen, was er will, kann schweigen oder reden, sich zeigen oder untertauchen – ihm klebt das Foto am Leibchen und er bringt es nicht mehr los. Der andere Protagonist, der wiedergewählte türkische Präsident, sorgt mit Freundschaftsbezeugungen und Solidaritätsadressen dafür, dass die Affäre so lange weiter schwelt, wie es ihm in den Kram passt. Sport und Politik, ein sehr ungleiches Paar. Gewinnen können beide, verlieren tut eigentlich immer nur einer – und das ist nicht der Politiker.