In den guten alten Zeiten, als die deutschen Grünen noch nicht verfettet an der Macht angekommen waren, demonstrierten sie tapfer gegen die neue Startbahn West in Frankfurt. Die Polizei verlangte, damit da alles seine bundesrepublikanische Ordnung habe, dass sie einen Versammlungsleiter bestimmten, falls es Gesprächsbedarf gäbe. Also führten die Demonstranten eine selbstgezimmerte Holzleiter mit sich, auf die sie eine Pappe genagelt hatten: «Versammlungs-».
Nice to have
In personell gut bestückten Luxushotels gibt es Mitarbeiter, die eine Papiertüchleinschachtel mit sich führen und am Pool die Gäste fragen, ob eine Reinigung der Sonnenbrille gewünscht sei. Es gibt andere Mitarbeiter, die aus dem Nichts auftauchen und hinter dem Gast die im Aschenbecher ausgedrückte Kippe entsorgen und in den Schmucksand wieder das Hotelsignet rechen.
Ist alles eigentlich so überflüssig wie ein zweiter Kropf. Aber nice to have, hält Menschen in Brot und Arbeit, wobei sowohl die Annehmlichkeiten wie die Unkosten überschaubar sind. Im Geschäftsleben gibt es auch noch den Grüssaugust und den Mann am Fenster. Letzterer ist besonders in Japan beliebt. Seine Funktion besteht vor allem am späteren Abend darin, der Konkurrenz zu zeigen, dass hier das Geschäft brummt, Angestellte Überstunden leisten, um den Arbeitsanfall zu bewältigen. Während der arme Mann bloss den Staub von der Tastatur bläst oder in den Social Media surft.
Hypertrophe Bankendinosaurier beschäftigen ganze Heerscharen von Mitarbeitern als «Head of», «Schnittstelle für», «rapportiert direkt an den MD New Business», «Leiter Task Force Challenge 2015», deren Entsorgung eine Lücke hinterlassen würde, die sie vollständig ersetzt. Man könnte sie allenfalls dafür verwenden, Brillen zu putzen oder Aschenbecher zu leeren, bei entsprechender Anpassung des Gehalts.
Und ganz oben?
Zunächst einmal muss, angesichts der aufgeblasenen Wichtigkeit des obersten Führungspersonals von Banken, festgehalten werden: Es handelt sich um Angestellte. Um Söldner, die ihre Arbeitskraft vermieten. Mit monatlichem Saläreingang, bezahlten Ferien, Sozialleistungen und sogenannten Fringe Benefits, also Spesenkonto, Privatjets, Black Centurion-Kreditkarte, Firmenhandy und persönlichem Sekretariat, das von der Kleiderreinigung bis zur Hotel- und Restaurantreservation alles unternimmt, um das Leben so angenehm wie möglich zu gestalten. Und natürlich nicht zu vergessen das Lebenselexir, der Bonus. Aber wie es sich für Arbeitnehmer gehört, kann ein solcher Vertrag auch gekündigt werden.
Wenn Sachbearbeiter Nötzli, dem die ordentliche Aktenablage anvertraut wurde, ständig Dokumente verhühnert, Fettflecke und Kaffeetassenränder auf wichtigen Originalen hinterlässt, dann ist seiner Karriere früher oder später ein unrühmliches Ende beschieden. Denn Leistung soll sich lohnen, gelebte Verantwortung honoriert werden, Aufgaben erfüllt, oder kurz, wie Ex-Kanzler Kohl so unsterblich richtig sagte: Am Schluss kommt es darauf an, was hinten rauskommt. Ganz unten oder ganz oben. Worauf kommt es bei einer Bank an? Richtig, auf die Zahlen.
Zaster und Desaster
VR-Präsident Rohner hat die Strategie, das Geschäftsmodell, die Oberleitung der Firma zu verantworten. In der Schweiz ist er sogar nach Art. 754 OR solidarisch haftend bei verschuldeten Pflichtwidrigkeiten, die zu einer Schädigung von Gesellschaft, Aktionären oder Gläubigern geführt haben. Entweder leitet der VR die Bude selbst oder er delegiert im Normalfall diese Aufgabe an die Geschäftsleitung, womit wir bei CEO Dougan wären.
Jedem Mitbesitzer der Credit Suisse, nämlich den Aktionären, kommen die Tränen, wenn er die Entwicklung des Aktienkurses seit Amtsübernahme von Rohner und Dougan betrachtet. Bewunderung nötigt höchstens ab, wie trotz Kursabschlägen Bonus-King Dougan und «weisse Weste»-Rohner Wertverluste der Bank in persönlichen Gewinn verwandeln konnten.
Selbst wohlwollende Beobachter der Bank können aber nicht verstehen, wie der ehemalige Oberjurist der CS Rohner den Steuerstreit mit den USA zu einer Busse von 2,8 Milliarden Dollar eskalieren liess. Ungeschicktes Lavieren, untaugliches und gescheitertes Lobbying, um letztes Jahr die Lex USA, die eigentlich eine Lex CS war, im Schweizer Parlament durchzudrücken. Konstante Tauchstation ohne Führungsanspruch, nur um kurz eine Interviewreihe zu absolvieren, von der neben Uneinsichtigkeit und dem festen Willen, am Sessel kleben zu bleiben, nur das schöne Wort von der «weissen Weste» in Erinnerung bleibt. Also Zaster für Desaster. Und nach der Busse ist vor der Busse.
Wieso keine Abgänge?
Der VR setzt die Geschäftsleitung ein, er kann sie auch absetzen. So viel Englisch sollte Rohner beherrschen, dass er Dougan in sein Büro bitten könnte, um ihm zu sagen: «So sorry, but you’re fired.» Etwas schwieriger wird es bei Rohner selbst. Der wird von der Aktionärsversammlung gewählt, wobei es für die Ausübung dieses hohen Amtes lustigerweise keiner besonderen Qualifikation bedarf. Meistens werden aber noch zusätzlich Arbeitsverträge abgeschlossen, die eine Handhabe für eine Kündigung böten.
Nun hält sich dieses Duo bereits jahrelang an der Macht. Rohner wurde 2004 Group General Counsel, Mitglied der Geschäftsleitung und stieg 2009 in den VR auf, den er seit 2011 präsidiert. Brady Dougan stiess 1990 zur Credit Suisse First Boston, von 2004 bis 2007 leitete er das Investment Banking und seit 2007 ist er CEO. Wer hält eine gehebelte Wette, dass die ersatzlose Streichung dieser beiden Positionen höchstens, wenn überhaupt, positiv auffallen würde?