Das ist nach Terroranschlägen jetzt zur Gewohnheit geworden, zuletzt in Barcelona. Die Banalisierung kennt keine Grenzen. Es gibt ja auch Selfies mit dem Papst. Der spätere Attentäter von Nizza (Juli 2016) posierte ein Jahr zuvor mit dem nichtsahnenden Stadtpräsidenten der Stadt. Und ein anderer Terrorist lichtete sich einige Jahre vor seinem Massenmord in Paris sogar mit Präsident Sarkozy im Élysée ab. Kein Politiker kann oder will sich dem Selfie-Ritual noch entziehen.
Die morbide Variante – es gibt sie auch nach tödlichen Unfällen – ist unbegreiflich und nicht zu vergleichen mit der Aufgabe eines Pressefotografen. Es handelt sich ja um eine Selbstinszenierung mit menschlicher Staffage. „Ich war dabei“, wird an alle getwittert, die es nicht wissen wollen. Man hat dies negativ als „enthemmten Narzissmus“ oder neutral als „postmodernen Individualismus“ diagnostiziert, was schon zuviel der Ehre für eine kollektive Gedanken- und Gefühlslosigkeit ist.
Andere haben herausgefunden, dass es sich bei den Totenbildchen mit Lächeln vielmehr eben gerade um das Mitteilen (Kommunikation!) eines (Mit-)Gefühls handle (das wird Google freuen). Solche Selfies seien deshalb nicht psychologisch, sondern soziologisch zu verstehen als demokratische Revolution gegen die kulturelle Elite, die vorschreiben wolle, wie man zu denken oder zu fühlen habe. Marcuse lässt noch ein bisschen grüssen. Am besten verstanden hat diese Jekami-Welt der Internaut, der – nur ganz leicht zynisch – getwittert hat: „Ich war auch in Barcelona vor drei Jahren – stehe für einen Kommentar gerne zur Verfügung.“