Ein illusionäres Unterfangen! Das Virus wird auf solche Sehnsüchte nicht Rücksicht nehmen, wird als Phänomen und als dominantesThema der Medien seine Allmacht behalten. Was gestern war, wird heute nicht verschwunden sein, und es steht zu befürchten, dass es auch morgen weiterhin unseren Alltag bestimmt.
Neben der Betroffenheitsprosa in öffentlichen und sozialen Medien, die einen mitunter zu fluten droht, neben den widersprüchlichen Verlautbarungen aus der politischen oder wissenschaftlichen Ecke, die einem täglich aufs neue die Unübersichtlichkeit der Lage vor Augen führen, gibt es ein paar Autorinnen und Autoren, die mit eigenständigen Argumenten operieren und einen Zugang zum Thema gefunden haben, der zu überzeugen vermag. Der Schweizer Schriftsteller Lukas Bärfuss gehört zu dieser (kleinen) Gruppe. Sein Ende 2020 erschienener Essayband mit dem ironischen Titel «Die Krone der Schöpfung» (Wallstein Verlag) sei wärmstens empfohlen. Er enthält literarische und politische Texte, die Bärfuss in den letzten Jahren in verschiedenen Zeitungen publiziert hat; der letzte Teil des Buches befasst sich mit der Pandemie – und bietet lehrreiche Auseinandersetzungen mit einem nicht zu bändigenden Stoff.
«Auseinandersetzen», ein Verb, dem Bärfuss Sympathie entgegenbringt, bedeutet, dass man von einer Sache, einem Thema wegrückt, um es von allen Seiten erforschen zu können. Genau das tut der Autor, bewegt sich beispielsweise geschickt zwischen so unterschiedlichen Gebieten wie der Meteorologie, der griechischen Antike, dem urschweizerischen Mundartgedicht, um zu seinen Corona-Einsichten zu kommen. Man folgt ihm gerne und findet ihn auch dann spannend, wenn man mit seinen Schlussfolgerungen oder Prognosen nicht immer einverstanden ist. Bärfuss, ein scharfsinniger und in bestem (essayistischen) Sinn ein überraschender Denker und Schreiber, zeigt, dass es verbale Wege und Möglichkeiten gibt, denen zu folgen im Umgang mit der Pandemie sich lohnt.