Good news für jene Kulturpessimisten, die sich seit Jahren über eine immer rapidere Überfremdung des deutschen Sprachschatzes durch angelsächsische Invasoren grämen: Es gibt auch gegenläufige Kräfte! Unlängst konnte man auf der amerikanischen Internetplattform BuzzFeed (laut Wikpedia 150 Millionen Besucher pro Monat!) auf einen Beitrag mit folgendem interessanten Titel stossen: „21 Perfect German words we need in English“.
Der Autor, Luke Lewis, seines Zeichens Executive Editor (also so etwas wie Chefredaktor) von BuzzFeed, räumt frank und frei ein, dass es im Deutschen Wörter gibt, die in ihrer Prägnanz und Nuanciertheit einer englischen Übersetzung weit überlegen sind. Offenbar verfügt dieser angelsächsische Autor über sehr gute Deutschkenntnisse, sonst könnte er das kaum so kompetent beurteilen.
Hier also die Liste der 21 „perfekten deutschen Wörter“, für die Luke Lewis kein englischsprachiges Äquivalent finden kann – und zwar in der von ihm gewählten Reihenfolge:
1) Torschlusspanik, 2) Fernweh, 3) Schnappsidee, 4) Treppenwitz, 5) Luftschloss, 6) Weltschmerz, 7) fuchsteufelswild, 8) Fingerspitzengefühl, 9) Frühjahrsmüdigkeit, 10) Sehnsucht, 11) fremdschämen, 12) Kopfkino, 13) verschlimmbessern, 14) Backpfeifengesicht, 15) Zugzwang, 16) Geborgenheit, 17)Schattenparker, 18) Drachenfutter, 19) Hüftgold, 20) Kuddelmuddel, 21) Kummerspeck
Bei drei angeblich „perfekten deutschen Wörtern“ ist wohl eine Anmerkung angezeigt: Den Ausdruck „Backpfeifengesicht“ würden wir im alemannischen Sprachbereich zwingend durch „Ohrfeigengesicht“ ersetzen. Und zum wahrscheinlich nicht überall geläufigen „Hüftgold“ (überflüssige Speckfalten) gibt es ein mindestens ebenbürtiges angelsächsisches Pendant: „Love handle“. Das Wort „Schattenparker“ war bisher dem Schreibenden unbekannt. Es soll, wie eine Google-Eingabe belehrt, so viel wie „Warmduscher“ bedeuten – das wäre eine ungefähre Entsprechung zum englischen „wimp“ oder zum spezifisch britischen „wet“.
Relativierungen zu dieser erfreulichen Huldigung an die Kreativität und Sprachkraft bestimmter deutscher Wortbildungen sollen fairerweise nicht unterschlagen werden. Die Behauptung ist nicht übertrieben, dass praktisch jede Sprache über bestimmte Ausdrücke verfügt, die in ihrer Treffsicherheit, Originalität und Eingängigkeit nicht gleichwertig zu übersetzen sind – weshalb sie denn auch öfters von andern Sprachen als Leihwörter übernommen werden. Man denke nur an das englische „Establishment“ oder „Selfie“, das französische „Décolleté“, das italienische „pianissimo“, die spanische „Guerrilla“, die russische „Troika“ und die helvetischen „Putsch“ und „Müesli“.