Gegründet wurde das Festival 1990 vom Binninger Gymnasiallehrer Urs Blindenbacher, der noch heute als Motor und künstlerischer Leiter wirkt. Nach Differenzen zwischen Leitung und Trägerschaft wird das Jazzfest nächstes Jahr in neuer Form stattfinden. Der Gründer will es mit einem neu gegründeten Verein in Eigenregie weiterführen.
Wie aber präsentiert sich diese Übergangsausgabe?
Sie offeriert an 16 Tagen 16 Konzerte von Musikern diversester Jazzstile: Von African, Cuban, und Oriental bis Funky Jazz, Bebop und Flamenco. Dazu kommen an drei Abenden ein Off-Festival-Programm der Jazzschule Basel im ‚Gare du Nord’, drei Jazzfilme im ‚Kultkino’, eine Podiumsdiskussion ‚Quo Vadis Jazz?’, sowie Ende Mai ‚Spots & Sketches’, eine Reminiszenz von Musikstudenten an Miles Davis ‚Sketches of Spain’ mit einem Nachkonzert.
Vom Basler Jazzer Thomas Möckel, der aus der gleichnamigen Musikerdynastie stammt, wollten wir wissen, was er vom diesjährigen Programm hält.
Thomas Möckel: Das Programm scheint sehr interessant zu sein. Zuerst zu den Schweizern, die dieses Jahr etwas stärker vertreten sind. Das Eröffnungskonzert im Stadtcasino bestreitet das ‚David Klein Quartet’ mit der deutschen Sängerin Jasmin Tabatabai. David Klein, einer der besten Schweizer Saxofonisten, spielt viel in Deutschland, hat dort Verbindungen und akquiriert gut, ist aber auch international tätig. Sicher hörenswert.
Dann hören wir (am 24. April in der Martinskirche) bei ‚Jazz in Church’, an der ‚Basler Jazz Night’ die beiden Tenorsaxofonisten Alex Hendriksen und Andy Scherrer. Hendriksen ist ein sehr guter Saxofonist der jungen Generation.
Der auch gut komponiert, wie gerade bei einem Konzert im ‚Museum Tinguely ‚ zu hören war.
Möckel: Genau. Und Andy Scherrer gehört zum Jazz-Urgestein der zweiten Stunde. Er hat immer konsequent modernen Jazz gespielt. Ein hervorragender Musiker.
Und dann ist am 25. April im Bird’s Eye Club das Konzert von Feigenwinter/Moreira/Schärli zu erwähnen.
Feigenwinter ist Pianolehrer an der Jazzschule Basel; selbst nicht unbedingt ein Jazzpianist, aber er hat erstaunliche technische Fähigkeiten und ist zudem ein hervorragender Korrepetitor. Peter Schärli ist ein Trompeter aus Luzern, der vor allem experimentellen Jazz spielt. Dies kann ein interessanter, experimenteller Abend werden.
Und die Konzerte von ausländischen Musikern?
Möckel: Da muss ich zuerst auf die beiden italienischen Trompeter Paolo Fresnu und Flavio Boltro hinweisen. Fresnu (5. Mai, Kaserne Basel) spielt mit sehr viel Feeling und Sensibilität, meist ‚gestopft’, also mit einem Dämpfer in der Trompete. Er spielt selten ‚straight ahead’, kann aber klassischen Jazz gut spielen. Wir haben ein Konzert zusammen gespielt, als Chet Baker starb.
Flavio Boltro (20. April, Gare du Nord) ist ein absolutes ‚Fass’ auf der Trompete, grossartig. Er ist in Italien und auch in Europa nicht so bekannt wie Fresnu, doch ein wunderbarer Musiker. Er spielt Post- und Hardbob im modernen Stil.
Dann sind Bill Evans (Saxofon), Mike Stern (Gitarre), Tom Kennedy (Bass) und Dave Weckl (Schlagzeug) eine ganz grossartige Formation. (4. Mai, Kaserne Basel). Evans und Stern haben beide mit Miles Davis gespielt. Irgendwie sind alle Musiker, die einmal mit Miles gespielt haben, zu Stars geworden.
Der absolute Höhepunkt ist sicher das Konzert zum Finale von Gary Burton mit seinem ‚New Quartet’ aus Anlass seiner ‚70th Birthday Tour’ am 6. Mai im Stadtcasino. Burton ist ein Ausnahmemusiker, einer der führenden Vibraphonisten der Welt.
Er hat Pionierarbeit auf diesem Instrument geleistet und damit Töne generiert, die man nicht für möglich gehalten hätte. So kann er manche ziehen wie Gummi. Wir haben ihn schon vor vielen Jahren in der ‚Komödie' gehört, wo damals noch die Jazzkonzerte stattfanden. Schon dort befand meine kundige Tante, dass man sich diesen Namen merken müsse.
Ganz besonders freue ich mich auch auf die Nach-Festival Konzerte mit dem Nicholas Payton Quartet und dem Basler Sinfonieorchester, die die ‚Sketches of Spain’ von Miles Davis spielen. Payton hat zwar einen ganz anderen Stil als Miles, er ist ein Trompeter der ‚New Orleans School’ und spielt in sehr strukturierten Gefilden, meist Mainstream Bebop. Doch haben mich grosse Formationen schon immer interessiert, beim Komponieren und Arrangieren.
Was wünschen Sie sich als Musiker von der nächstjährigen Ausgabe des Jazzfestivals?
Möckel: Mehr hiesige Musiker. Ich spiele viel an Festivals im Ausland und muss feststellen, dass zum Beispiel in Frankreich und Italien bis zu 50% der Konzerte von einheimischen Talenten bestritten werden. Es wäre schön, wenn - im Sinne des Kulturauftrags - mehr Musiker aus der einheimischen Szene in diesem Rahmen auftreten könnten.