Nun hat er jemanden, der ebenfalls nicht aus Little Italy stammt und mit dem er doch in die Sprache Dantes switchen kann, wenn der Rest von Hollywoods Topliga nicht mithören soll. Julia Roberts zeigt sich am Ende ihres Rom-Aufenthalts in «Eat Pray Love» jedenfalls fähig, für eine mittelgrosse Tischrunde die Bestellung nur so herunterzurasseln, was die sympathischen native speakers zu spontanem Beifall animiert.
Das Brevet in Pizza-und-Gelato-Vertilgung erlaubt es der New Yorkerin Liz, die erste Station ihres Selbstfindungsparcours abzuhaken und sich nach Indien aufzumachen, allwo es im Ashram immer wieder zu Momenten kommt, die uns deshalb gefallen haben, weil sie uns in der Überzeugung bestärkt haben, ganz gewiss nie einen Fuss in eine derartige Stätte zu setzen.
Von Richard from Texas, dem Richard Jenkins eine zunehmend interessante Aufsässigkeit verleiht, wird sie in Diskussionen verwickelt, die es vorstellbar erscheinen lassen, dass der Film Elizabeth Gilberts Buchvorlage von 2006 mehr als nur die Kommas im Titel gezogen hat. Völlig unsäglich wird er zwar bloss im Schlussbild, als Liz doch tatsächlich mit ihrer endlich gefundenen Liebe auf deren Boot allein zu zweit auf eine Insel vor Bali zu und in den Sonnenuntergang hineinfährt. Doch auch sonst ist die eben der Liebe gewidmete Bali-Episode die schwächste des Films.
Miserabler Javier Bardem
Und dazu trägt ausgerechnet Javier Bardem in seiner Rolle als struppiger Brasilianer (!) mit Sieben-Tage-Bart und feuchtem Hundeblick bei, die das Klischee feiert, anstatt es zu zitieren oder gar zu unterlaufen, wie er es wunderbar in Woody Allens – ebenfalls ohne Kommas operierendem – «Vicky Cristina Barcelona» vorgeführt hat.
Einmal abgesehen vom künstlerischen Gefälle haben die beiden Filme einen nicht uninteressanten Berührungspunkt darin, dass sie genuine Amerikanerinnen zeigen, die von ihrem Amerikanertum genesen, indem sie mit (Süd-)Europas kulturellem und sinnlichem Verführungspotenzial konfrontiert werden. Wobei letzteres hier noch expliziter in der Küche zu finden ist als seinerzeit in Barcelona. Und womit wir zurück in Rom sind, wo sich in den lauschigen Gässchen des Centro Storico die provinzielle Verschnarchtheit der Ewigen Stadt ebenso schön ausblenden lässt wie der unsägliche Strassenverkehr.
Das ist nun allerdings von Robert Richardson, dem grossartigen Kameramann vor allem von Oliver Stone und John Sayles, später auch von Martin Scorsese, Errol Morris und Quentin Tarantino, elegant ins Bild gesetzt. Überraschend Gefallen gefunden hat this critic aber auch an Julia Roberts, der mit dieser Schauspielerin nie sehr viel anfangen konnte, seit er sie 1990 in Berlin an den Filmfestspielen erstmals gesehen hat (in Herbert Ross' «Steel Magnolias»).
Besonders hat ihm gefallen, wie sich ihre Liz – und das ist natürlich auch das Verdienst der Regie – ganz unprätentiös immer wieder mit leicht selbstironischem Lächeln über sich selbst zu mokieren scheint, wenn sie sich da den Essensfreuden hingibt. Age becomes her, und vielleicht wird die demnächst 43jährige Schauspielerin mit zunehmendem Alter tatsächlich immer besser.
Die verflixten Gesten
Etwas allerdings wird sie wohl nie ablegen können, ein Charakteristikum, das sie mit andern Stars teilt, die nie die harte Ausbildung für die Bühne zu absolvieren hatten, und wofür Tom Cruise das wohl prominenteste Beispiel ist: jene streng codierte, immer gleich öde Gestik, von der heute nicht mehr zu sagen ist, ob die amerikanische (Jugend-)Kultur sie von ihren Hollywood-Leitbildern übernommen hat oder diese sie nicht vielmehr von dort mitgebracht haben.
Der Punkt ist deshalb von Interesse, weil der Film in einem kleinen volkskundlichen Exkurs am Schluss der Italien-Episode einen Katalog gängiger (Gemüts-)Reaktionen samt zugehöriger Gebärdensprache gibt. Jene Verwünschungen, die der Italiener so malerisch zu illustrieren weiss. Liz behauptet, auch das gelernt zu haben, und ist doch schon in Indien wieder so amerikanisch wie eh und je.